Leidenschaft und Eleganz

Flamenco-Gitarrist Antonio Andrade kommt ins franz.K

Flamenco ist eine Jahrhunderte alte Kunstform und eine multikulturelle dazu: Das beweist der Gitarrist und Leiter des weltweit ersten Flamenco-Theaters, Antonio Andrade, zusammen mit seinem Quartett und der Flamencotänzerin Úrsula Moreno. Am Donnerstag stellen sie gemeinsam ihr neues Programm „Emotiones“ im Reutlinger franz.K. vor.

23.11.2022

Antonio Andrade ist einer der bekanntesten Flamenco-Gitarristen. Bild: Jesus Sanchez

Antonio Andrade ist einer der bekanntesten Flamenco-Gitarristen. Bild: Jesus Sanchez

Der Flamenco stammt eigentlich aus Indien, über Afghanistan ist er nach Spanien gekommen. Im Flamenco schlägt somit das Herz der andalusischen Bevölkerung, der indischen Kultur, der Mauren, die über acht Jahrhunderte lang in Andalusien lebten, ja sogar der jüdischen Kultur. Elemente wie die arabisch klingenden Gitarrentonleitern, aber auch ein Teil der komplizierten Rhythmen stammen aus dem Orient. Die Gitanos, die ihre Wurzeln ebenfalls in Indien haben, brachten sie nach Südwesteuropa. Diese verschiedenen Kulturen „durch den Flamenco herauszukristallisieren“, ist das Hauptanliegen von Antonio Andrade.

Seit 45 Jahren zupft der Andalusier, der teilweise in Ludwigsburg aufwuchs, die Saiten seiner Gitarre und spürt der Geschichte des Flamenco nach. Im Alter von zwölf Jahren hat er angefangen, Gitarre zu spielen. Mit 15 trat er zum ersten Mal öffentlich auf. Zum Flamenco kam Andrade durch seinen Onkel José Menese, eine lebende Legende unter den Flamenco-Sängern: „Flamenco hat mich schon von frühester Kindheit an fasziniert, auch, weil es für mich ein Fenster in die Vergangenheit war“, sagt der heute 57-jährige Gitarrist, der in der Nähe von Sevilla geboren wurde und seit 1989 einen Zweitwohnsitz in Deutschland hat.

Konzertreisen mit den Großproduktionen „Viva Sevilla“, „Mi Andalucía“, „Flamenco es mi vida“ und „Mi Carmen Flamenca“ führten ihn von Europa über die USA bis nach Japan. Auch arbeitete er mit André Heller für dessen Show „Magneten-Musik der Zigeuner“ zusammen. Vor allem aber fühlt er sich dem Flamenco verbunden, denn kein Tanz verkörpert für ihn so vielschichtige Emotionen und erfordert so viel Konzentration und technische Perfektion. Zahlreiche Flamenco-Größen wie Javier Barón, Israel Galván, Antonio „El Pipa“, Javier Cruz, Sara Baras, Carmen Ledesma und Luis de Luis hat er begleitet und vor allem die Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Úrsula Moreno bestätigt exakt die Vorstellungen, die er über Flamenco im Kopf hat.

Ursula Moreno (49) absolvierte ihr Tanz- und Schauspielstudium am „Real Conservatorio de Música y Danza de Málaga“. Ihre Flamencoausbildung erweiterte sie bei Größen wie Tona Radely, Luci Montes und Carmen Juan, Loli Flores, Matilde Coral und Manuel Betanzos sowie bei Antonio Canales, Carmen Cortes und Adrián Galia. Ihre große Bühnenerfahrung erlangte Moreno in langen Tourneen mit den Compagnien von Conchita del Mar und José Luis Ponce, bis sie fünf Jahre lang ihr eigenes Tanzstudio in der Schweiz leitete. Zudem ist sie Künstlerische Leiterin der „Cursos Internacionales de Flamenco“ in Puebla de Cazalla (Sevilla) und Málaga und führt regelmäßig Fortbildungskurse im Ausland durch. Wenn sie nicht durch die Welt tourt, lebt sie in ihrer Heimatstadt Málaga, wo sie das Centro Cultural Flamenco gründete, in dem sie unterrichtet und internationale Workshops gibt.

Doch was wäre die Tänzerin Ursula Moreno ohne den Gitarre spielenden Antonio Andrade? Im Flamenco ist keiner etwas ohne den anderen. In dem ebenso ritualisierten wie improvisierten Reigen tritt jede und jeder in den Dialog mit dem anderen: Das Klatschen des Sängers David Bastidas, der die Fußarbeit der Tänzerin auffängt und rhythmisch weiterentwickelt, ein kurzes, anfeuerndes „ay“, das Andrades Gitarrenpartner Miguel Sotelo zu noch schnellerem Spiel anspornt. Ein Fingerschnippen der stolzen Tänzerin, das ihren Ehemann Antonio Andrade augenblicklich verstummen lässt. Jürgen Spieß

Das Antonio Andrade Quartett tritt am 24. November, 20 Uhr, im Reutlinger franz.K (Unter den Linden 23) auf.

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Erstellt:
23.11.2022, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 23.11.2022, 01:00 Uhr

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