Groovendes Cello

Fried Dähn schafft mit „now & then“ einen Zirkus aus ungewöhnlichen Tönen

Ein Wetterleuchten der Intensität, das Fried Dähn auf seinem neuen Soloalbum „now & then“ entfacht: Mit leichthändigen Melodiebögen und druckvollem Groove begab sich der Tübinger E-Cellist in seinem heimischen Studio auf Spurensuche und ging eine nicht eben alltägliche Verbindung von Klassik, reichlich Rockdrive und schrägen Avantgarde-Klängen ein.

13.01.2021

Solocellist Fried Dähn kartiert auf seinem neuen Album „now & then“ die Verbindungslinien ganz unterschiedlicher Musikstile und bürstet dabei gegen den Strich. Bild: Jürgen Spieß

Solocellist Fried Dähn kartiert auf seinem neuen Album „now & then“ die Verbindungslinien ganz unterschiedlicher Musikstile und bürstet dabei gegen den Strich. Bild: Jürgen Spieß

Wenn Fried Dähn sein Elektro-Cello aufheulen lässt, erscheinen die Übungen eines Jean-Luc Ponty nurmehr als gepflegte Salonpiècen. Denn er entfesselt mit seinem Instrument eine anarchische Kraft, die in ihrer kunstvoll-zupackenden Virtuosität den rebellischen Geist der Rock-Generation ebenso beschwört wie sie den Klassikfan auf eine herausfordernde Probe stellt.

Der langjährige Solocellist der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, der als Mitglied des legendären Ensemble Modern bei den Aufnahmen des letzten Frank-Zappa-Albums „Yellow Shark“ dabei war, zeigt sich bezüglich seiner Musik enorm wandlungsfähig und experimentierfreudig. Dazu tragen vor allem auch die spannenden Sampler-Einspielungen ihren Teil bei.

Die pochenden Sounds, die rollenden Beats, die zahlreichen Breaks und raffinierten Schlagfiguren passen hervorragend zu den vertrackten Rhythmen, die der Cellist aus seinem elektronischen Streichinstrument zaubert. Zu diesem Zweck verwendet Dähn Loop-Maschinen, Sampler und andere technische Innovationen und huldigt damit augenzwinkernd unserem Sampling- und Digital-Zeitalter. Hier wird nicht ernste Klassik zelebriert, sondern mit Harmonien jongliert, die, wie in „Mesh“ oder „Wölfe und Viren“, wild zwischen dem Griffbrett hin- und herfliegen, sich drehen und changieren.

Eng geknüpfte, dichte Teppiche aus Tönen, hier gestrichen, da geschlagen, dort wie in „Out of One“ als ruhiges Solo hinterlegt. Versetzte Läufe, die sich ineinander drehen wie Papierschlangen am Ende eines Fasnetsumzugs. Minimale Muster, die in ihrer Schichtung vieldimensional und lebendig werden.

Leise, ohne Getöse und auch für klassische Hörer unter der erträglichen oberen Frequenzgrenze, führt der Tübinger Musiker in Titeln wie „Shake It Easy“ und „Friends“ in ein dichtes Labyrinth aus rockigen und experimentellen Klangflächen. Der Solocellist, seit Jahren eine zuverlässige Größe der New-Music-Szene in der Region, überzeugt auf den zehn Titeln des Albums vor allem als furioser Cellist und Improvisator. Unglaublich, wie er alle Teile des Instruments mit in sein Spiel einbezieht. Dabei begibt er sich im fliegenden Wechsel von angerauten Flageolett-Girlanden zu schwermütigem Blues, von elektrifizierten Klangwelten zu herkömmlichen Cello-Tönen. Klanglandschaften also im schnellen Wechsel – eingängig und voll harmonischer Schrägheit.

Von der improvisatorischen Avantgarde („Add“) bis hin zu nordisch geprägten Melodiebögen (Z-Tune“) bietet dieses Album alles, was sich der progressive Musikfreund erträumen kann: Von Drum & Bass-Persiflagen über Minimal Music bis hin zu experimentellen Afro-Klängen. Selbst „Untöne“ – Brummtöne, schwingende Effekte, Overdubs – werden hier zu Musik. Nicht als verkrampfter Krach oder Ode ans Chaos, sondern als harmonische Beigaben, scheinbare rhythmische Zufälle.

„now & then“ ist zweifellos ein vielgestaltiges und mit einigen Ecken und Kanten ausgestattetes Album. Musik, gegen den Strich gebürstet, die einmal mehr beweist, dass es keines großen Orchesters bedarf, um große Wirkung zu entfalten. Jürgen Spieß

Das Album „now & then“ nahm Fried Dähn in seinem heimischen Studio auf. Bei Michael Fletscher in Trochtelfingen wurde das Werk anschließend gemixt und gemastert.

Erwerben kann man die CD über dessen Label „flavoredtune“ (www.flavoredtune.com), im Handel (ab März) oder auf Fried Dähns Homepage (www.friedstyle.com).

Zum Artikel

Erstellt:
13.01.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 29sec
zuletzt aktualisiert: 13.01.2021, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen