Der Staat isst mit

Gehen oder sitzen? Das ist eine Frage des Mehrwertsteuersatzes

Die Freiluftsaison hat begonnen und sofort sind sie wieder in allen Stadtgassen zu sehen: die Eisschlecker.

03.04.2019

Eis schlecken, was gibt es Schöneres?Archivbild: Simon Wörpel

Eis schlecken, was gibt es Schöneres?Archivbild: Simon Wörpel

Kreis Tübingen. Kaum sind die Außentemperaturen im zweistelligen Bereich, öffnen die Eisdielen ihre Türen. Schnell ein Eis auf die Hand, gemütlich hinsetzen und genießen. Am besten direkt vor der Tür an den Tischchen der Eisdiele. Darf man das eigentlich?

Nein, eigentlich nicht, erklärt Daniel Ohl, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Baden-Württemberg. Für das Eis auf die Hand führt der Eisverkäufer nämlich einen anderen, einen niedrigeren Steuersatz ab als für den Eisbecher, der am Tisch gegessen wird.

Das liegt daran, dass es im Gaststättengewerbe einen geteilten Mehrwertsteuersatz gibt. Alles Essen, das zum Mitnehmen und zum woanders Verzehren gedacht ist („to go“), wird mit 7 Prozent versteuert. Paradebeispiele dafür sind die Grillwurst, die Pommes oder der Burger zum Mitnehmen. Essen hingegen, das man am Platz verzehrt, beim Mittagstisch im Restaurant zum Beispiel, wird mit 19 Prozent versteuert.

„Die Frage ist natürlich, ob der Wirt bei vertretbarem Aufwand die Kunden nun darauf ansprechen muss, dass sie sich nicht hinsetzen dürfen, wenn sie ein Eis zum Mitnehmen gekauft haben“, sagt Ohl. „Es ist zwar nicht korrekt, aber Streit muss man deswegen keinen anfangen.“

Ohnehin sei das eigentliche Problem mit der geteilten Mehrwertsteuer an einem anderen Punkt: „In vielen Gastronomiebetrieben ist das Geschäft mittags stark rückläufig“, sagt Ohl. „Da kaufen Sie sich im Supermarkt so eine Plastikschale mit durchgemischten Wurstsalat und einer extra eingepackten Plastikgabel und der Supermarkt muss dafür 7 Prozent abführen. Der Gastronom, wo Sie beim Mittagstisch einen Wurstsalat essen, aber 19. Das ist Wettbewerbsverzerrung.“ Der Gaststättenverband verkämpft sich deswegen für die Lösung: gleiches Essen, gleiche Steuer. Bislang vergeblich.

Für den Pressesprecher des Gaststättenverbandes ist das unverständlich: „Die Welt jammert über den vielen Plastikmüll und dann wird auch noch darüber gejammert, dass viele Wirte keinen Mittagstisch mehr anbieten.“ Angelika Brieschke

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Erstellt:
03.04.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 56sec
zuletzt aktualisiert: 03.04.2019, 01:00 Uhr

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