Bauhaus-Anleihen

Gerettete Typografien: Salam vom Lustnauer Tor

Von 2009 bis 2014 zierten sie das „Salam“ am Lustnauer Tor 9, doch wurden jene dreidimensionalen Originalbuchstaben leider vernichtet, um die es in dieser Ausgabe der Geretteten Typografien geht: Im Februar 2019 konnte lediglich die Kunststoff-Schablone ans Stadtmuseum Tübingen übergeben werden.

28.07.2021

Wieder einen Schriftzug gerettet: Dieser prangte über dem ... Na? Bild: Barbara Honner

Wieder einen Schriftzug gerettet: Dieser prangte über dem ... Na? Bild: Barbara Honner

Mit der Schablone besitzt die Stadt-Schriftensammlung seitdem eine klassische Bauhaus-Schrift, die zweifellos zu den berühmtesten Vertretern der Schriftgeschichte gehört. Sie repräsentiert die bemerkenswerte kunst- und kulturgeschichtliche Epoche des Bauhauses ab 1919.

Der Originalentwurf der „Bauhaus“-Typo stammt von dem bedeutenden Schriftgestalter Herbert Bayer aus dem Jahr 1925, der sich mit seinen Studenten in der renommierten „Reklamewerkstatt“ intensiv mit Werbung, Schrift und Typografie auseinandersetzte und etwas völlig Neues schuf.

Alle Buchstaben sollten aus den Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck resultieren, sich dabei jeglichen schmückenden Beiwerks enthalten und zudem ohne Serifen (Endfüßchen) auskommen, was ihnen die signifikanten geometrischen, runden Formen verleiht, die wir sofort erkennen.

Die Schrift sollte als „Medium der Kommunikation“ in ihrem Erscheinungsbild eine „klare Mitteilung in ihrer eindringlichsten Form“ transportieren. Die renommierten Typografen Edward Benguiat und Victor Caruso bereiteten die Bauhausschrift 1975 für den modernen Schriftsatz auf. Ihre „ITC Bauhaus“ interpretiert die Gestaltungsprinzipien der revolutionären Bauhaus-Typografie am schönsten.

Der im Oktober 2020 verstorbene Benguiat gehörte zu den bedeutendsten Schriftgestaltern Amerikas und bleibt für immer eine vielfach preisgekrönte Legende. Begonnen hatte er seine Laufbahn als diplomierter Jazzmusiker, eröffnete dann aber 1962 nach einem Studium der Werbegrafik in seiner Heimatstadt New York ein eigenes Designstudio.

Zu seinen prominentesten Arbeiten gehört die Gestaltung und Überarbeitung der Logos des Magazins Playboy, des Automobilherstellers Ford, der Zeitschrift Reader’s Digest und der Tageszeitung The New York Times.

2014 erfolgte ein Umbau des Salam. Der Grafiker Patrick Holzinger übernahm die Neukonzeption und entschied sich kurioserweise für die beliebte Otto-Eckmann-Schrift aus der Jugendstilzeit, jener Epoche, die das Bauhaus überwinden wollte. Barbara Honner

Mit dieser Serie stellen wir Schriften vor, die Barbara Honner vor der Entsorgung gerettet und dem Tübinger Stadtmuseum übergeben hat.

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Erstellt:
28.07.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 53sec
zuletzt aktualisiert: 28.07.2021, 01:00 Uhr

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