Wie man dem Druck standhält

Heinz Rudolf Kunze: Die Panik könnte mich jeden Tag wieder packen

Rock-Urgestein Heinz Rudolf Kunze war einer der Gäste der „Sprechstunde im Theaterhaus“. Mit dem TAGBLATT ANZEIGER sprach er über sein persönliches Stressempfinden.

18.04.2018

Heinz Rudolf Kunze (rechts) bei einem Konzert in der B-27-Halle mit über 500 Zuschauern. Archivbild: Grohe

Heinz Rudolf Kunze (rechts) bei einem Konzert in der B-27-Halle mit über 500 Zuschauern. Archivbild: Grohe

TAGBLATT ANZEIGER: Herr Kunze, Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt seit mehr als 35 Jahren mit Musik. Wie schafft man es, dem Druck der Branche so lange Stand zu halten?

Heinz Rudolf Kunze: Der Druck ist da, sicher. Die Frage ist, wie man mit dem Druck umgeht. Mir gelingt das seit einigen Jahren sehr gut. Das hat mit dem Alter zu tun. Es hat aber gerade auch damit zu tun, dass ich schon so lange dabei bin. Wenn ich heute auf die Bühne gehe, kenne ich die Erwartungshaltung meines Publikums. Die Besucher meiner Konzerte sind sehr treu. Sie wissen, was sie von mir erwarten können. Dafür bin ich dankbar, denn das ist nicht selbstverständlich. Durch die lange gemeinsame Zeit – ich auf der Bühne, die Zuhörer im Saal – hat sich ein tiefer Rapport zwischen uns gebildet, der mich heute entspannt in meine Auftritte hineingehen lässt.

Das war aber nicht immer so. Gerade zu Beginn meiner Karriere litt ich unter furchtbarem Lampenfieber. Ich bin froh, das hinter mir gelassen zu haben.

Sie hatten Ende der 1980er bis Mitte 1990er wiederholt mit Panikattacken zu kämpfen. Schaut man in Ihre Diskografie, scheint das Ihre Schaffenskraft nicht eingeschränkt zu haben.

In meinem Beruf als Künstler haben mich die Panikattacken überhaupt nicht gebremst. Auch in dieser Zeit habe ich eine ganze Reihe weiterer Alben veröffentlicht, zwei Musicals für die deutsche Sprache adaptiert, mein Bowie-Buch geschrieben. Mein Körper hat sich einen ganz komischen Kanal gesucht. Die Panik kam immer nur, wenn ich allein zuhause war. Ich stand da oder saß und konnte mich einfach nicht mehr bewegen – solange, bis ich nicht mehr allein war. Das ging so über Jahre hinweg. Bis die Panik eines Tages einfach nicht mehr auftauchte.

Das Ende Ihrer Panikattacken klingt unspektakulär.

Ja und Nein. Ja, weil ich eine hervorragende Therapeutin hatte – die eigentlich gar nichts gemacht hat. Sie hat dagesessen, mich reden lassen, still zugehört, hin und wieder eine Bemerkung eingeworfen, mich weiterreden lassen. Und das war offenbar genau das, was ich brauchte. fk

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Erstellt:
18.04.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 40sec
zuletzt aktualisiert: 18.04.2018, 01:00 Uhr

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