Wasserschloss und Aquädukt

Hinaus ins Grüne: Eine kurze, aber interessante Wandertour um Obernau

Auf Grund der kurzen Tageslängen ist diese Rundwanderung um Obernau nicht so lange, aber dafür abwechslungsreich.

23.12.2019

Wenn das nicht idyllisch ist: das Rommelstal mit der Marienkapelle. Bilder: Arndt Spieth

Wenn das nicht idyllisch ist: das Rommelstal mit der Marienkapelle. Bilder: Arndt Spieth

Wir steifen durch eine herrliche Naturlandschaft mit einigen schönen Ausblicken und es gibt dabei viel zu entdecken. Die Wege sind größtenteils befestigt und gut begehbar. Ein kurzer Abschnitt wird immer wieder von Wildschweinen umgepflügt und es ist daher gutes Schuhwerk zu empfehlen.

Wir beginnen diese Rundwanderung an der Bushaltestelle Obernau. Wer mit dem PKW anreist, parkt am besten beim Obernauer Rathaus in der Rommelstalstraße. Wir folgen von der Bushaltestelle kurz der Hauptstraße „Neckarau“ Richtung Westen und biegen dann nach rechts in die Rommelstalstraße ein, auf der wir nach wenigen Schritten das Ortszentrum mit Kirche und Rathaus erreichen. Die frühklassizistische Kirche St. Peter und Paul stammt von 1805, birgt aber einige ältere Kostbarkeiten wie barocke Wandgemälde und eine gotische Holzplastik „Anna Selbdritt“. Das Andachtsbild mit Anna, Maria und dem Jesuskind stammt vermutlich noch aus der Vorgängerkirche. Direkt neben der Kirche steht der imposante Eselturm mit einem barock umgebauten Schlösschen und den Resten einer mittelalterlichen Außenmauer. Das verwunschene Ensemble zeugt noch von der erstmals 1095 erwähnten Wasserburg „Ouwe“. Sie war lange Sitz der Ritter von Ow.

Wir spazieren die Rommelstalstraße weiter Richtung Rommelstalhalle und nach der Halle folgen wir dem mit einem blauen Kreuz gekennzeichneten Wanderweg hinein ins Rommelstal. Das Tal wird vom Seltenbach gebildet, der trotz seines weiten Einzugsgebietes bis ins Korngäu und den Schwarzwaldrand bei Nagold im Sommer oft kein Wasser führt. Das muss seit Menschengedenken schon so gewesen sein, sonst hätte man ihm nicht diesen Namen verpasst. Sein gesamter Einzugsbereich liegt im Muschelkalk, der zur Verkarstung neigt, wodurch das Wasser durch Felsklüfte in tiefere Schichten sickert. In dieser Jahreszeit führt der Seltenbach reichlich Wasser, so dass wir uns in der herrlichen Landschaft mit den murmelnden Wasserläufen und kleinen Stromschnellen fast wie einem lauschigen Schwarzwaldtal fühlen.

Nach einigen Schritten erreichen wir die relativ neu errichtete Marienkapelle. Der Platz für das kleine Gotteshaus wurde bereits 1945, am Himmelfahrtstag, feierlich von den Dorfbewohnern als Dank für die Verschonung des Dorfes im Krieg und im Gedenken an die Gefallenen eingeweiht. Die Pläne für diese Kapelle wurden aber erst 2009/10 umgesetzt.

Wir wandern weiter und entdecken bald am Waldrand eine Hinweistafel, die uns zur Römischen Wasserleitung direkt neben dem Weg führt. Die Römer versorgten einst ihre Stadt Sumelocenna mit einer über sieben Kilometer langen Wasserleitung, die von Quellen aus dem Rommelstal gespeist wurden. Mit 7,16 Kilometer gilt dieses Aquädukt als die längste gemauerte Wasserleitung rechts des Rheins und ein kleiner Teil davon wurde hier für Interessierte freigelegt.

Es geht weiter durchs Tal. Der geschotterte Weg schwenkt nun nach links und unser mit dem blauen Kreuz gekennzeichnete Wanderweg, nun ein schmaler Pfad, führt uns geradeaus weiter zwischen Bäumen und Sträuchern Richtung Bach. Wir queren eine kleine Wiese, die mitsamt dem Weg von Wildschweinen immer wieder gründlich durchwühlt wird. Bald queren wir den hier zu einem lauschigen Weiher angestauten Bach mittels einer Brücke und erreichen schließlich wieder einen Schotterweg. Wir biegen nach rechts und folgen dem mit blauen und roten Tafeln mit Ritterköpfen gekennzeichneten Weg längere Zeit durch den Wald.

Erst geht es leicht bergauf, dann verläuft der Weg ziemlich horizontal. Immer wieder haben wir zwischen den jetzt kahlen Bäumen schöne Ausblicke auf das Rommelstal und die umliegenden Waldgebiete. Auf der linken Seite sehen wir immer mal wieder felsige Klingen mit interessanten Muschelkalkformationen, in denen aber auch jetzt kein Wasser fließt. Schließlich entdecken wir rechts unten die ersten Neubauten von Obernau und wir gelangen an eine kleine Kreuzung. Hier wählen wir den in gleicher Richtung weiterführenden und leicht ansteigenden Kapfweg. Er ist auch mit den roten und blauen Tafeln gekennzeichnet. Etwas weiter oben schwenkt der Weg nach links und wir bekommen nach einem Muschelkalksteinbruch erste schöne Ausblicke auf das Neckartal. Nach einem größeren Wohndomizil erreichen wir ein Wasserreservoir mit einer öffentlich zugänglichen Aussichtsplattform, die uns einen freien Ausblick ohne störende Äste erlaubt. Danach spazieren wir noch kurz auf dem Kapfweg und biegen dann an der nächsten Wegkreuzung scharf rechts in die Alte Steige.

Der alte Verbindungsweg zwischen Remmingsheim und Obernau bringt uns bald an den Waldrand mit einem schönen Blick auf Obernau. Vorbei an villenartigen Wohnhäusern in herrlicher Aussichtslage schreiten wir wieder in den alten Ortskern hinunter. Wir erreichen die Neustetter Straße und gehen diese weiter bergab bis zur Hauptstraße Neckarau, wo sich auch die Bushaltestellen befinden. Wer sein Auto am Rathaus geparkt hat, hält sich rechts und folgt der Rommelstalstraße ins Ortszentrum. Arndt Spieth

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Info:

Obernau, einstiges Zwergstädtchen am Neckar

Die Herren von Ow gründeten vermutlich vor 1297 um ihre Wasserburg das erstmals 1385 urkundlich erwähnte Städtchen Obernau („stettlin ze Obernowe“). Im 14./15. Jahrhundert war der hohenbergische, ab 1381 österreichische Teil von Obernau wie in Schwalldorf an verschiedene Personen verpfändet. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die stark zersplitterten Herrschafts- und Besitzverhältnisse immer komplizierter und um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte Österreich 3 ½ der 8 Teile, die Herren von Mannsberg 4 ½. Über die Herren von Gültlingen kam das Zwergstädtlein an die Herren von Ehingen. Nach dem diese bedeutende Adelsfamilie 1697 in männlicher Linie ausgestorben war, wurden die Freiherren von Raßler ein Jahr später mit Obernau belehnt. Es ging wechselvoll weiter. 1805 wurde der Ort schließlich württembergisch und seit 1972 gehört Obernau zur Stadt Rottenburg. Als berühmtester Obernauer wird der mittelalterliche Dichter und Minnesänger Hartmann von Aue (Hartmut von Ouwe) angesehen. Seine Herkunft ist unsicher, viel weist aber auf Schwaben hin und die Wasserburg Ouwe könnte da sehr gut passen. Hartmann von Aue gilt neben Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg als der bedeutendste Epiker der mittelhochdeutschen Klassik um 1200. Von ihm sind die Verserzählungen Erec, Gregorius und „Der gute Sünder“, Iwein, „Der arme Heinrich“ und „Das Klagebüchlein“, sowie einige Minne- und Kreuzlieder überliefert. Die Obernauer sind sich sicher, dass in ihrer Kirche noch uralte Schriften existieren, die auf den Minnesänger in Obernau hinweisen und sie feiern seit einigen Jahren mit großem Spaß und Engagement ihr Hartmann-von-Aue-Fest.

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Länge: 4,5 Kilometer.

Höhenunterschied: 75 Meter.

Dauer: 1,5 Stunden.

Einkehrmöglichkeiten:.

In Obernau keine, im Nachbarort Bieringen: Landgasthof Kaiser.

ÖPNV: Buslinien 7626 und 7629, Haltestelle Obernau.

Pkw-Parkplatz: Rommelstalstraße, Rathaus Obernau.

Arndt Spieth ist Autor des Stadtführers „Kreuz und quer durch Tübingen“.

Eselturm und Barockschlössle.

Eselturm und Barockschlössle.

Hinaus ins Grüne: Eine kurze, aber interessante Wandertour um Obernau