Pilger, Römer, Keltenwälle

Hinaus ins Grüne: Entdeckungstour durch den südöstlichen Schönbuch

17.02.2021

Wer fußläufig mobil ist, findet auch im Winter schöne Plätzchen im Freien. Bilder: Arndt Spieth

Wer fußläufig mobil ist, findet auch im Winter schöne Plätzchen im Freien. Bilder: Arndt Spieth

Diese kurzweilige Schönbuchtour führt uns entlang der östlichen Grenze des Landkreises Tübingen. Sie beginnt und endet in Pliezhausen-Rübgarten. Man kann diese Rundwanderung auch am Grillplatz Einsiedel nördlich von Schloss Einsiedel starten.

Die Highlights sind neben der wunderbaren Natur- und Kulturlandschaft schöne Ausblicke auf die Alb, der Rübgartener Altar sowie römische Bildsteine und eine keltische Schanze. Die Wege dieser zu allen Jahreszeiten schönen Wanderroute sind im guten Zustand, aber gute Wanderschuhe sind trotzdem zu empfehlen.

Wir beginnen diese Tour im Zentrum von Rübgarten, bei der evangelischen Kirche. Das heutige Dorf Rübgarten entstand vermutlich im 13. Jhd. am Pilgerweg nach Santiago de Compostella und liegt inmitten einer alten Kulturlandschaft. Aus der Jungsteinzeit, von vor etwa 4500 Jahren, wurden hier neben Steinwerkzeugen und Waffen auch Backenzähne und Bruchstücke eines eiszeitlichen Mammuts gefunden. Mehrere Keltengräber aus der Eisenzeit, etwa 600-400 v. Chr. lassen auf bedeutende Keltensiedlungen schließen und Funde aus der Römerzeit in Form von Statuen, einem Hochrelief und einem Altar zeugen von einer römischen Besiedlung der Gegend um Rübgarten.

Der Ortsname war wohl ursprünglich ein Flurname und deutet auf einen Garten hin, der einer nicht mehr existierenden Burg Wildenau gehörte. 1342 ging die Oberhoheit von den Pfalzgrafen von Tübingen an Württemberg und die Ortsherrschaft besaßen die Volen von Wildenau. Als die nahe Burg Wildenau 1406 zerstört wurde siedelten sich die Ortsherren vermutlich in Rübgarten an, das 1363 erstmals urkundlich erwähnt wurde.

Später wurde der Ort württembergisches Lehen mit einem Rittergut. Später erhielten die Freiherren von Kniestedt das Lehen und bauten 1710 das heutige Schloss. 1806 kamen „Riagart“ und das Rittergut unter württembergischer Staatshoheit zum Oberamt Tübingen. Die 1811 als schmucklose Predigtsaalkirche im Kameralamtsstil ans Schloss angebaute Kirche beherbergt noch ein besonderes Kleinod der Vorgängerkirche St. Maria, die durch das Rittergut von Bilderstürmen verschont blieb.

Der gotische Flügelaltar von Hans Syrer und Niklaus Weckmann zeigt Maria mit dem Jesuskind, links davon der heilige Wendelin und rechts der heilige Jakobus mit der Pilgermuschel. Der Altar zeugt davon, dass der Ort seit über 500 Jahren eine wichtige Station für Jakobspilger ist. Das Gotteshaus ist abgeschlossen, aber an der Infotafel der Kirche sind Telefonnummern für eine Besichtigung angeben.

Es geht nun ein paar Schritte die Hauptstraße hinunter und wir biegen gleich nach dem Gasthof Löwen mit dem Dorfbackhaus nach rechts in die Hellestraße ein. Ab hier folgen wir für längere Zeit dem Muschelsymbol des Jakobswegs und dem Wanderzeichen des HW3 (grüner Baum). Wir spazieren durch die Gromergasse und durchqueren bald das idyllische Reichenbachtal. Auf der gegenüberliegenden Talseite folgen wir der Ausschilderung kurz nach links und bekommen schöne Ausblicke auf das Tälchen, den Ort Rübgarten und die Reutlinger Alb.

Bald schwenkt unser Wanderweg Richtung Einsiedel wieder nach rechts und wir wandern zwischen Streuobstwiesen hoch in den Schönbuch. Im Wald geht es relativ gerade auf dem sogenannten Einsiedlerfußweg weiter, bis wir auf den querenden Waldweg „Unterämtersträßchen“ mit mehreren Wanderschildern stoßen. Auf ihm verläuft auch der hochinteressante „Geschichtliche Lehrpfad Einsiedel“ mit verschiedenen Stationen, dem wir mit dem HW3 nach rechts folgen.

Wer sich zwei südlich gelegene Stationen nicht entgehen lassen möchte, hält sich hier kurz links. Nach 200 Metern führt ein Pfad links in den Wald zu einem „Schlüsselstein“ und nach weiteren 100 Metern auf dem Weg erreicht man ebenfalls auf der linken Seite die Reste einer römischen Jupitersäule. Beide etwas hinter Bäumen versteckte Stationen sind mit ausführlichen Infotafeln ausgestattet.

Hier drehen wir spätestens um und folgen dem HW3 in nördlicher Richtung. Nach einigen Schritten auf dem geraden Waldweg entdecken wir rechts einen Bildstein der römischen Göttin Herecura. In der Antike gab es hier römische Gehöfte und solche religiösen Bildsteine waren bei den Bewohnern sehr beliebt. Diesen hier fand man bei 1861 Forstarbeiten. Der Kult der Herecura scheint wohl vor allem am Nordufer der Adria üblich gewesen zu sein, was Rückschlüsse auf die Herkunft der einstigen Besitzer geben könnte.

Wir wandern weiter. Nach ca. 200 Metern biegt der HW3 links ab und wir kommen so zu einer gut erkennbaren keltischen Viereckschanze. Bei Ausgrabungen fand man laut Infotafel Reste von Holzgebäuden sowie keltische und römische Keramik aus der Zeit zwischen dem 2. Jhd. v. Chr. und dem 3. Jhd. nach Chr. Die Seitenlängen der bereits 1492 als „Byburg“ gekannten Anlage betragen zwischen 101 und 115 Meter. Die Deutung solcher Schanzen ist noch nicht abschließend geklärt und es gab und gibt immer wieder neue Theorien und Vermutungen.

Durch neuere Untersuchungen gilt als gesichert, dass manche der Viereckschanzen dauerhaft bewohnte keltische Gutshöfe oder Mittelpunkt einer ländlichen Siedlung waren. Vielleicht war sie der Hof einer privilegierten Familie oder die Anlage hatte eine Gemeinschaftsfunktion. Es ist aber auch nicht ganz auszuschließen, dass sich hier auch eine keltische Kultstätte befand. Die Kultur der Kelten birgt immer noch viele Geheimnisse.

Wir wandern nun direkt auf der Wallkrone weiter (HW3) und erkennen zwischen den Bäumen die große Lichtung des Hofguts Einsiedel. Bald haben wir den Grillplatz Einsiedel erreicht, ein herrliches Plätzchen und ideal für eine Rast. Ab hier folgen wir dem mit einem blauen Punkt ausgeschilderten Wanderweg wieder in den Wald hinein in Richtung Jägersitzhütte und Gniebel.

Nach der Querung des Judensträßchens sehen wir bald linker Hand den Seerosenteich, mit seinen Blüten ist er im Sommer eine bunte Augenweide. Wir wandern weiter und erreichen auf der sogenannten Moosplatte eine große Wegkreuzung. Hier spazieren wir nach rechts, folgen weiter dem blauen Punkt und kommen auf dem Moosplattenweg wieder ins Reichenbachtal hinunter.

Nach dem Verlassen des Waldes beim Parkplatz „Sohl“ gehen wir kurz in Richtung Gniebel und biegen nach ca. 60 Metern entlang des Waldrands an einer Ruhebank rechts in das Anliegersträßchen hinein. Nach 900 Metern kommen wir an eine T-Kreuzung und spazieren hier links hoch nach Rübgarten. Oben im Ort halten wir uns rechts und erreichen bald wieder den Ausgangspunkt.Arndt Spieth

Länge: ca. 8,3 Kilometer

Höhenunterschied: 157 Meter

Gehzeit: 2,5 Stunden

ÖPNV: Bushaltestelle „Rübgarten Mitte“, Linien: 3, 31, 33, N9, 1

GPS-Track: https://out.ac/ygyiB.

Flügelaltar von Hans Syrer und Niklaus Weckmann.

Flügelaltar von Hans Syrer und Niklaus Weckmann.