Kreuzberger Wege sind schön

Hinaus ins Grüne: Über den Tübinger Kreuzberg ins lauschige Himbachtal

28.04.2021

So schöne Hohlwege befinden sich auf der Wanderung ins lauschige Himbachtal. Bilder: Arndt Spieth

So schöne Hohlwege befinden sich auf der Wanderung ins lauschige Himbachtal. Bilder: Arndt Spieth

Auf dieser charmanten Rundwanderung erklimmen wir mal den 453 Meter hohen Tübinger Kreuzberg. Dieser südliche Ausläufer des Schönbuchs zwischen Hagelloch, Himbach- und Weilerbachtal ist selbst vielen Tübingern kaum bekannt und wandertechnisch wenig erschlossen. Zu Unrecht finde ich, denn beim Kreuzberg handelt es sich um eine wunderschöne, vielfältige Kulturlandschaft mit tief eingegrabenen Hohlwegen, alten Weinbergterrassen mit schönen Ausblicken und lauschigen Wald- und Gartenhütten, die sich zum Teil gut für ein „Walden-Experiment“ alla Henry David Thoreau eignen würden. Die Wege sind nicht mit Wanderzeichen markiert und es empfiehlt sich zur Sicherheit, vor oder während der Wanderung einen Blick auf den angegebenen GPS-Track oder eine Wanderkarte zu werfen.

Wir beginnen diese Tour im Tübinger Gewerbegebiet „Vor dem Kreuzberg“ und wandern die Straße „Vor dem Kreuzberg“ oder auch den Fußweg am Weilerbach entlang in nordwestliche Richtung. Am Beginn der Wiesen halten wir uns rechts und gehen auf dem Begleitweg links der Straße nach Hagelloch weiter bis zur Zufahrt zum Weingut Gugel. Dieser kurze Abschnitt entlang der vielbefahrenen Straße ist weniger schön und vielleicht auch ein Grund, weshalb der Kreuzberg als Tübinger Naherholungsgebiet kaum bekannt ist. Man findet hier unten kaum attraktive Zugangswege und auch keinen Wanderparkplatz. Allerdings liegt an dieser Abzweigung die Bushaltestelle „Kreuzberg“, von der aus die Tour auch gemacht werden kann.

Wir gehen nun links hoch zum „Weinbau Gugel“. Gleich nach dem Anwesen biegen wir rechts ein, wandern links an einem Bienenhaus vorbei und spazieren dann geradeaus auf einen idyllischen Hohlweg in den Wald. Der uralte Pfad führt uns bergauf zu einer kleinen Hochebene mit Obstwiesen und Äckern. Hier angekommen, gehen wir auf dem asphaltierten Feldweg kurz nach links. Vor der Wendeplatte halten wir uns rechts und wandern am Waldrand entlang, an einem grünen Bauwagen vorbei, bergauf bis zur Kreuzbergebene. Links davon verläuft parallel ein Waldweg, der weiter oben ebenso in den Kreuzbergwaldweg mündet. Man kann hier also nicht fehlgehen, wenn man sich bergauf hält.

Oben am Waldrand angekommen folgen wir dem asphaltierten Weg aus dem Wald heraus und passieren den Kreuzberger Hof, einem weitläufigen Pferdehof mit Reithalle, Koppeln und Pferdepension. Bald befinden wir uns auf der Geißwiesenstraße und kommen in den beliebten Tübinger Stadtteil Hagelloch. In der Schlossgartenstraße biegen wir nach links, wandern an deren Ende die Viehtorstraße nach rechts in den Walhau und halten uns wieder links. Gleich nach der Einmündung der Panoramastraße beginnt wieder der Wald und wir biegen vor einer Sitzgruppe rechts in den breiten Waldweg ein, der uns anfangs auf gleicher Höhe ins Himbachtal führt.

Nach circa 700 Metern biegt der Hauptweg an einer Sitzbank mit Holzhanteln zum Trainieren rechts ab und wir folgen hier dem Wanderpfad nach links über das Wolfslöchle runter ins malerische Himbachtal. Unten angekommen folgen wir dem idyllischen Gewässer auf dem Himbachweg eine Weile bachabwärts. Nach einer Schranke gelangen wir auf eine Lichtung und biegen nach rund 100 Metern vor einem Zaun links in den Bühlenwaldweg ein. Dieser zauberhafte Weg führt uns ganz allmählich wieder etwas in die Höhe und wir haben zwischen den Bäumen immer wieder schöne Blicke auf den sich hin und her schlängelnden Himbach.

Schließlich tauchen wir in ein kleines Labyrinth aus alten Hohlwegen ein und folgen dem Hauptweg rechts hinunter. Man fragt sich, wie viele Menschen und Tiere hier über Jahrhunderte hinweg entlang gegangen sein müssen, bis sich diese Wege so tief eingegraben haben. Weiter unten erreichen wir einen asphaltierten Weg, halten uns links und spazieren gleich an der nächsten Möglichkeit wieder links hoch. Der Wanderpfad zwischen alten Weinbergmäuerchen schwenkt bald nach rechts und wir kommen auf einen asphaltierten Weg, den wir nach rechts bis zum Weinbau Gugel wandern.

Direkt oberhalb lädt uns der lauschige Skulpturengarten Stein(h)art zu einem kleinen Spaziergang zwischen den Steinskulpturen, meist weibliche Akte, ein. Schöne Ausblicke auf das Ammertal mit dem Ammerhof und der Wurmlinger Kapelle sind inbegriffen.

Wir spazieren weiter und der Weg führt uns durch ein früheres Weinbaugebiet mit einem bunten Mix aus alten Gärten mit netten Wochenendhäuschen und kleinen Wäldchen.

Immer wieder bekommen wir schöne Ausblicke auf die herrliche Umgebung Tübingens mit dem Spitzberg und den alten Weinbergterrassen an den Hängen des Steinenbergs. Das Weingut Gugel knüpft noch an eine große Weinbautradition an, denn früher sah man hier an diesen Südhängen des Schönbuchs fast überall nur Weinberge. Wir wandern nun ab hier wieder auf demselben Weg zurück zum Ausgangspunkt. Arndt Spieth

Tübinger Weinbau-

geschichte in aller

Kürze

Über Jahrhunderte war in Tübingen der Weinbau der wirtschaftlich bedeutendste Erwerbszweig der Bevölkerung und ihre Weingärtner bezeichnete man als Gôgen oder Raupen. Wein spielte damals in Deutschland eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben und war oft Teil der Entlohnung. Ab dem 16. Jahrhundert folgte der allmähliche, aber stetige Niedergang des Weinbaus. In der Reformation wurden die Klöster mit ihren Pfleghöfen aufgelöst, die als Grundherren den ertragreichen Weinbau mit großem Wissen organisiert hatten. Wenig später begann die „kleine Eiszeit“, das Klima kühlte sich ab und führte immer wieder zu Missernten. Der 30-jährige Krieg richtete viel Unheil an und hohe Feudallasten bis 1848 lasteten schwer auf den Geldbeuteln der Wengerter. Zudem war die Arbeit in den steilen Weinbergen auf den oft entfernt voneinander liegenden „Stückle“ ein harter Knochenjob. Wer nicht fit genug war, verlor schnell seine Existenzgrundlage. Immer wieder kam es zu Unruhen infolge von Hungersnöten. Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts auch noch die Rebkrankheiten ausbreiteten, erreichte die Verelendung ihren Höhepunkt. Weinberge wurden zu Obstwiesen oder verödeten, die Tübinger zu Mosttrinker und aus den Gôgen wurden verarmte Gelegenheitsarbeiter. Wer von ihnen noch konnte, wanderte aus, nach Amerika oder auf den Ulmer Schachteln die Donau hinunter ins wärmere Banat oder nach Siebenbürgen.

Länge: 8,2 Kilometer

Höhenunterschied: 145 Meter

Gehzeit: 2,5 Stunden

ÖPNV: Stadtbus-Haltestelle „Kreuzberg“ (Linie 8)

GPS-Track: https://out.ac/IOKiC4

www.wanderwerkstatt.com/

Tierisches und mehr gibt es am Wegesrand zu entdecken.

Tierisches und mehr gibt es am Wegesrand zu entdecken.

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Erstellt:
28.04.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 03sec
zuletzt aktualisiert: 28.04.2021, 01:00 Uhr

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