Meere und spanische Gräben

Hinaus ins Grüne: Von Willmandingen zur Heidenburg und zum Bolberg

27.01.2021

Yoga statt Vespern beim Buchbrünnele: Bewegung draußen ist immer gut. Bilder: Arndt Spieth

Yoga statt Vespern beim Buchbrünnele: Bewegung draußen ist immer gut. Bilder: Arndt Spieth

Diese auch im Winter sehr schöne Rundwanderung mit herrlichen Ausblicken und geschichtsträchtigen Einblicken führt uns erst auf den einsamen Riedernberg und dann zum Bolberg. Start- und Zielpunkt liegt in Sonnenbühl-Willmandingen, das direkt oberhalb von Mössingen-Talheim liegt. (Es gibt hierfür auch eine kurze Variante nur über den Riedernberg.)

Die Tour beginnt an der evangelischen St. Galluskirche im Zentrum von Willmandingen. Die hübsche, 1903 von dem bekannten Stuttgarter Architekten Heinrich Dolmetsch erbaute neugotische Kirche ist tagsüber geöffnet. Sie beherbergt neben einem alten Taufstein und Kruzifixus noch den gotischen Chor der alten Kirche im Erdgeschoss des Turms.

Wir verlassen die Rathausstraße etwas westlich der Kirche und biegen in die Bolbergstraße ein. Nach einigen Schritten leicht bergauf halten wir uns in der Thomasstraße links. Über sie geht es geradeaus weiter durch den Filsenbergweg und einen Feldweg die uns über die Felder geradeaus bis an den Fuß des Riedernbergs führen. An der T-Kreuzung biegen wir zuerst nach links und an der nächsten Möglichkeit wieder nach rechts in einen anfangs asphaltierten Weg. Links von uns sehen wir jetzt den kreisrunden Ruchberg und rechts den etwas zerklüfteten Riedernberg.

Wir sind hier in der Kuppenalb unterwegs und die hier so typischen rundlichen Erhebungen entstanden durch Korallenriffe im tropischen Jurameer, dass sich hier vor 200 Millionen Jahren ausgebreitet hatte. Die Riffkalke sind härter als die Schichtkalke und wurden deshalb in der Folgezeit nicht abgetragen. Richtung Donau wird die Albhochfläche plötzlich ziemlich eben, hier beginnt die „Flächenalb“. Beide Landschaftsräume sind durch eine klare Linie, die sogenannte Klifflinie voneinander abgegrenzt. Diese Klifflinie entstand in der Brandungszone eines Meeres, das sich vor etwa 18 bis 17 Millionen Jahren über das nördliche Alpenvorland bis zur Schwäbischen Alb erstreckte. Dieses Meer hat die alten Riffkalke und somit die Kuppen abgetragen. Felsen dieser Brandungszone sind heute übrigens noch am „Heldenfinger Kliff“ (am Rand des Albdorfes Heldenfingen im Kreis Heidenheim) sichtbar, wo man noch die alte Brandungshohlkehle mit zahlreichen Bohrmuschellöchern im Kalk erkennen kann.

Wir kommen hier an eine Wegkreuzung und wählen den mittleren, leicht nach rechts führenden „Riedernbergweg“. Der Schotterweg führt uns direkt zu dem kreuzenden, mit einem roten Dreieck gekennzeichneten, Hauptwanderweg 1, den „Albsteig“. Wir folgen diesem HW1 für eine längere Zeit nach rechts und streifen durch ein idyllisches und fast wildes Waldgebiet. Es geht bergauf und wir erreichen nach kurzen Zeit den Gipfel des 857 Meter hohen Riedernbergs mit dem herrlichen Aussichtspunkt „Heidenburg“ neben einer Schutzhütte (852 Meter).

Im 8. Jahrhundert v. Chr., in der so genannten Hallstattzeit, wanderten von Westen her keltische Völker in diesen Raum ein und sie erbauten sich hier eine Fliehburg, die heute als Heidenburg bekannt ist. Neben Resten der alten Wälle fanden Archäologen hier bei Ausgrabungen auch eine kleine keltische Goldmünze.

Weiter geht’s und der HW1 führt uns nun wieder leicht bergab. Zuerst spazieren wir unterhalb von imposanten Felswänden und kommen dann zum lauschigen Buchbrünnele. Der munter zwischen Steintrögen plätschernde Brunnen unterhalb unseres Wegs hatte früher eine wichtige Bedeutung für die Wasserversorgung der Albbewohner und ihrer Felder. Alte Willmandinger erinnern sich noch dran, dass man hier im Sommer häufig mit Fasswägen Wasser holen musste, weil im Ort die Brunnen ausgetrocknet waren.

Daneben ist ein idyllisch im Wald gelegenes Vesperplätzle mit Sitzgelegenheit und einer Feuerstelle. Wir gehen weiter und stoßen bald in einer Linkskurve auf eine Wegkreuzung. Wer die ganze Tour über den Bolberg machen möchte, folgt nun weiter dem roten Dreieck des HW1.

Wer sich für die kurze Variante entscheidet, wählt den Schotterweg rechts davon und geht in ungefähr gleicher Höhe bis zum Wanderparkplatz Lausental. Von dort geht es nach rechts durch das Trockental zurück nach Willmandingen.

Weiter auf dem HW1 queren wir das obere Lausental am Waldrand und wandern bergauf zum Bolberg. Der Hausberg von Willmandingen ist mit seinen 881 Metern zugleich auch höchster Berg im Landkreis Reutlingen. Die Grenze des Landkreises Tübingen verpasst den Höhenzug nur knapp, sonst wäre der Bolberg unser „Kreissieger“.

Die kleine Hochfläche bietet neben einen imposanten Ausblick bis zum Schwarzwald auch eine Schutzhütte mit Grillstelle. Östlich der Grillstelle biegen wir nach rechts und wandern auf dem Forstweg mit dem Wanderzeichen „rotes Y“ wieder Richtung Willmandingen. Am Waldrand erkennen wir links noch die alten Verteidigungsschanzen aus der Zeit des Spanischen Erbfolgekriegs. Diese „Alblinien“ wurden Anfang des 18. Jahrhunderts ausgehoben, um das württembergische Kernland gegen ein wild zusammengewürfeltes Heer aus circa 55 000 französischen und bayrischen Soldaten zu verteidigen, das damals im Spanischen Erbfolgekrieg von Tuttlingen gen Osten zog. Diese Mühe war zum Glück umsonst, denn es kam an diesen Linien zu keinen Kampfhandlungen.

Bei guter Fernsicht haben wir von hier auch einen faszinierenden Blick auf Alpen bis hinein nach Österreich und ins Berner Oberland. Vor dem Wanderparkplatz sehen wir linker Hand hinter einem Zaun einen aufgefüllten Steinbruch in dem früher in zahlreichen kleinen Gruben Bohnerze abgebaut wurden. Allein im Jahr 1823 erwirtschaftete man in diesen Schürfgruben rund 500 Tonnen, eine Heidenarbeit, die aber einigen Willmandingern einen bescheidenen Wohlstand einbrachte.

Wir folgen nun weiter der Wegmarkierung, passieren den Wanderparkplatz, und kommen zurück Willmandingen und zum Ausgangspunkt bei der Kirche. Arndt Spieth

Länge: 10 Kilometer

kurze Variante: 6,9 Kilometer

Dauer: 2,6 / 1,7 Stunden

Höhenunterschiede: 250 / 151 m

ÖPNV: Bushaltestelle
Rathausstraße

Einkehrmöglichkeit: Trendcafé Krone bei der Kirche mit guten hausgemachten Kuchen,
derzeit TOGO-Service

GPS-Track: https://out.ac/xq4FA

Auf der Alb gibt es spannende Wege. Nicht nur im Winter ist Trittsicherheit und gutes Schuhwerk wichtig, wie hier auf dem HW 1.

Auf der Alb gibt es spannende Wege. Nicht nur im Winter ist Trittsicherheit und gutes Schuhwerk wichtig, wie hier auf dem HW 1.