Der Kommentar

Horden im Wald

09.05.2018

Von Angelika Brieschke

Wollen Sie wissen, wo ich morgen auf keinen Fall hingehe? – In irgendeinen Wald. Dabei gehe ich eigentlich gerne in den Wald, sehr gerne sogar. Aber zum einen wird man da morgen am Vatertag vor lauter Menschenmassen kaum noch Bäume sehen. Und zum anderen hatte ich mein diesjähriges Himmelfahrtserlebnis schon am ersten Mai im – wahrscheinlich – sehr idyllischen Siebenmühlental bei Stuttgart.

Leider zeigte sich das Tal an jenem Tag eher von seiner infernalischen Seite: Es waren Horden unterwegs – Horden mit Bieren in der Hand und Bollerwagen im Schlepptau mit überreichem Angebot an Alkoholika und Grillgut und transportierbaren Minidiscos, die eine Lautstärke erreichen konnten, die einer Großraum-Technodisco in Berlin-Mitte zur Ehre gereicht hätte.

Wirklich bewunderswerte Technik – alles andere war eher nicht so: die Musikauswahl, das Benehmen, die Kleidung der Horden ließen viel zu wünschen übrig. Hit Nummer eins: „Saufen, morgens, mittags, abends, ich will saufen. Der Hahn muss laufen.“ Schon mal gehört? Passt prima zur Fasnet oder zum Wasen, aber irgendwie nicht in den Wald. Allerdings waren doch tatsächlich auch dort einige im Dirndl und Lederhosen unterwegs. Spätestens als wir die sahen, kamen wir uns vor wie in der Auslaufzone des Cannstatter Wasens. So als ob das Frühlingsfest seine Besucher mal für eine Stunde zum Hofgang ins Freie rausgelassen hätte. Inklusive Bierzeltmanieren und niedrigschwelligem Humorniveau.

Eine dieser Horden war nämlich so frei, einen bis zu ihrem Auftritt lärmfreien Biergarten mit ihrer Musik zu beschallen. Als einer von uns mutig genug war, zu ihnen zu gehen und um etwas weniger Lautstärke zu bitten, bekam er einen Witz zur Antwort: „Wie heißt die Mutter von Niki Lauda?“ – „Mama Laudaaa“.

Ich hab‘s lieber ruhiger, auf jeden Fall im Wald.

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Erstellt:
09.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 54sec
zuletzt aktualisiert: 09.05.2018, 01:00 Uhr

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