Der Kommentar

„I wünsch dir en gsonde Leib“

05.01.2022

Von Martina Fischer

In den ersten christlichen Jahrhunderten war der Jahresanfang umstritten und begann zunächst mit dem Weihnachtsfest – noch heute beginnt das Kirchenjahr mit dem Advent.

Neujahr wurde früher aber auch am Tag der Heiligen Drei Könige (Tag der Erscheinung des Herrn) am 6. Januar gefeiert und in einigen alten Kalendern findet man noch die Bezeichnung „Groß-Neujahr.“ Im Mittelalter wechselte der Neujahrstermin mehrmals, bis ihn Papst Innozenz XII im Jahre 1691 endgültig auf den 1. Januar festlegte. Wohl in Anlehnung an die römische Kalenderreform unter Julius Caesar, der den Jahresbeginn vom 1. März auf den 1. Januar verlegte.

Weil das neue Jahr begrüßt werden musste, entstand eine Vielzahl von Neujahrsbräuchen. Das „Fest der Narren“, bei dem sonst fromme Priester und ernstzunehmende Bürger maskiert umhergingen und schamlose Lieder sangen, ist längst in die Fastnachtszeit abgewandert.

Beim „Neujahrsansingen“ zog man vom Marktplatz aus mit einem Posaunenchor singend durch das ganze Dorf, um das neue Jahr willkommen zu heißen. In kleinen Kreisen hat sich dieser alte Brauch noch erhalten können, wenn auch nur noch selten als öffentlicher Auftritt. Mancherorts wird aber noch heute das neue Jahr beim Turmblasen vom Kirchturm aus mit Posaunen angeblasen.

Dorfarme hatten das Privileg, zu Neujahr mit einem Deckel- oder Henkelkorb von Haus zu Haus zu gehen, um milde Gaben zu erheischen. Sie sangen, wünschten oder klopften dabei das neue Jahr an. Kein Wunder, dass der Neujahrstag durch diese Bittgänge auch „Betteltag“ geheißen wurde. Auch allgemein wird der Jahresbeginn mit Glückwünschen eröffnet: „I wünsch dir en gsonde Leib, de heilige Geist ond de ewige Friede.“ Schriftliche Neujahrsgrüße in Form gedruckter Neujahrskarten gibt es seit dem 15. Jahrhundert.

Vielen war es wichtig, seinem Nachbarn das Neujahr abzugewinnen, also ihm mit seinen Glückwünschen zuvorzukommen. Wer beim „Neujahrsabgewinnen“ mit dem Glückwunsch der Schnellere war, hatte das Recht, vom anderen ein Geschenk zu bekommen.

Nicht selten war mit dem Wünschen das Einsammeln von Gaben und Geld verbunden. Denn man sah in abergläubischer Meinung, dass, wer an Neujahr Geld im Sack habe, das ganze Jahr damit versehen sei. Innerhalb der Familie gab es festgelegte Schenkbräuche, die für Paten und Patenkinder eine besondere Rolle spielten. Es gab Dotenringe und Dötlesbrezgete mit blitzblank geputzten Zehnerle oder Fufzgerle geschmückt.

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05.01.2022, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 05.01.2022, 01:00 Uhr

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