Ende einer Ära

Kiebinger sagen Osterlauf ab: für immer

„So schwer es uns an dieser Stelle auch fällt, müssen wir leider bekanntgeben, dass der Osterlauf des TSV Kiebingen bis auf weiteres nicht mehr veranstaltet werden kann.“

16.11.2022

Dieses Lauf-Panorama mit dem Kirchlein hinten wird es nicht mehr geben. Bild: Werner Bauknecht

Dieses Lauf-Panorama mit dem Kirchlein hinten wird es nicht mehr geben. Bild: Werner Bauknecht

So lapidar kam die Pressemitteilung zur Aufgabe eines der renommiertesten Volksläufe der Region. Nach fast 20 Jahren haben viele der Verantwortlichen aus diversen Gründen ihren Rückzug aus der Organisation des Laufes angekündigt und bereits vollzogen. Ein neues Organisationsteam aus den eigenen Reihen konnte nicht gefunden werden. Das liegt auch daran, dass die Abteilung Lauftreff derzeit nur aus sehr wenigen Mitglieder besteht.

Initiiert durch Günter Schairer, Uwe Müller und Heinz Klenk, vom TSV Kiebingen, wurde der Lauf erstmals am 3. April 2004 durchgeführt. Mit 162 Teilnehmer/innen im Hauptlauf über 10 Kilometer und 48 im Einsteigerlauf (heute Hobbylauf) über 5,5 Kilometer war der 1. Osterlauf ein voller Erfolg. Er übertraf die Erwartungen der Veranstalter deutlich. Die Nase vorn hatten damals Werner Bauknecht (LAV Tübingen) mit 33:06 Minuten und Sylke Schmitz mit 38:11 Minuten.

Schon im darauffolgenden Jahr waren es mit 314 Läufer/innen fast 100 Teilnehmer mehr. Neu hinzugekommen war der Schülerlauf über 2,5 Kilometer. Im Jahr 2007 wurde die Veranstaltung dann um eine Walkingstrecke, im Jahr 2008 noch um den beliebten Zwergenlauf ergänzt.

In den Folgejahren wurde der Lauf immer beliebter und erfreute sich auch an überregionalem Interesse. Die flachen 10 Kilometer nutzten viele Sportler/innen, um im Frühjahr ihre Form zu testen oder als Einstieg in den Wettkampfbetrieb des laufenden Jahres. Und natürlich: Hier wurden Bestzeiten gelaufen. Wenigstens dann, wenn der Wind mitspielte. Denn die freie Strecke war windanfällig, und hatte man Pech, ging es auch mal die letzten drei Kilometer ins Ziel gegen starken Gegenwind.

Im Jahr 2010 war der Lauf Teil der Württembergischen Volkslaufmeisterschaften und konnte mit einer Teilnehmerzahl von 440 Läufer/innen im Hauptlauf alle Vorjahresrekorde sprengen. Die Teilnahme des international bekannten Spitzenläufers und 3000-Meter-Hindernisspezialisten Filmon Ghirmai machte den Lauf für viele unvergessen.

Im Jahr 2017 vergab der WLV die Auftaktveranstaltung des neu konzipierten WLV-Teamlauf-Cups nach Kiebingen. Mit knapp 1000 Teilnehmern hatte die Entwicklung des Osterlaufs damit seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. 651 Starter/innen im Hauptlauf über 10 Kilometer brachte das kleine Kiebingen fast an seine Grenzen.

Allen Widrigkeiten zum Trotz, sei es starker Schneefall am Wettkampftag oder die Sanierung der Neckarbrücke im Jahr 2008 – die Veranstalter fanden immer einen Weg, den Osterlauf zu organisieren. Erst die Corona-Pandemie im Jahr 2020 stoppte diese Erfolgsgeschichte kurz vor dem Wettkampf. All die Vorbereitung in den Monaten davor war zwei Wochen vor dem Lauf dann umsonst. Nachdem es sich im Dezember 2020 schon abzeichnete, dass es auch 2021 keinen Präsenzlauf geben kann, wurde kurzerhand ein virtueller Lauf angeboten.

Viele Laufgrößen konnte der TSV über die Jahre hinweg bei seinem Volkslauf begrüßen. Die erste und zweite Osterlauf-Siegerin hieß Sylke Schmitz. Zu ihren größten Erfolgen zählten mehrere Platzierungen unter den Top 10 bei den Deutschen Berglaufmeisterschaften und der Sieg beim Zermatt-Marathon in Wallis im Jahr 2005 und nicht zuletzt wurde sie 2006 Europameisterin im Berglauf in der W35.

Und wer erinnert sich nicht an Markus Weiß-Latzko von der LAV Tübingen? Der Marathon-Mann (Bestzeit 2:18:06 Stunden) kam nach dem Kilometer-Trainingslauf direkt zur Startlinie, gewann – und joggte dann noch nach Hause. Im Jahr 2010 nahm Tobias Sauter, EM-Teilnehmer im Marathonlauf in Barcelona teil. 2014 kam Patricia Morceli von der LG Cham: Mit 34:44 Minuten pulverisierte sie den bisherigen Streckenrekord bei den Frauen.

Martin Blazinski von der SG Schramberg hat den Streckenrekord von 30:09 Minuten. Dieser wird bestehen bleiben nach dem endgültigen Aus einer kleinen Legende. Werner Bauknecht

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Erstellt:
16.11.2022, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 16.11.2022, 01:00 Uhr

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