Kostenloser Livestream mit „The Sound of Jazz“ aus dem Club Voltaire

Stilistische Begrenzungen scheinen die beiden jungen Jazzer nicht zu kennen. Ihr Repertoire reicht von swing-inspirierten Jazzstandards und Kompositionen in der „straight ahead“-Ästhetik über langsame, getragene Melodien bis hin zu dem hitzigen, Ende der 1960er-Jahre aufkeimenden Jazzrock, den sie mit ihrer Band Flüstertüte zelebrieren. Die Vielfalt des Jazz ist bei Anselm Krisch (Keyboards) und Lukas Pfeil (Tenorsaxofon) Teil der musikalischen Identität.

Das kommt auch bei ihrem Programm „The Sound of Jazz“ zum Ausdruck. In dieser Konzertreihe stehen ganz ungewohnt eher traditionelle Standards im Mittelpunkt. Geschmackvolle Arrangements von Stücken aus dem Great American Songbook sowie swingender, groovender Mainstream-Jazz. Zusammen mit den beiden Rhythmusmusikern Andrey Tatarinets (Bass) aus Stuttgart und Johannes Hamm (Drumms) aus Mannheim präsentieren sie dieses Programm seit zwei Jahren regelmäßig mit Gastsolisten wie Klaus Graf, Ralf Hesse, Adrian Mears, Markus Harm oder Jan Prax im Stuttgarter Jazzclub Kiste. Nun haben die vier Musiker für ihr erstes Konzert im neuen Jahr den Tübinger Club Voltaire auserkoren, um ihre Lieblingsstücke aus dem „Sound of Jazz“-Repertoire als Livestream zu präsentieren.

Das verbindende Element liegt dabei in der Fähigkeit zu einer behutsamen Balance von Wohlklang und improvisierter Musik. Dabei zieht es das Quartett angesichts der Übermacht der Vergangenheit nicht an die Ränder, sondern besticht durch seinen lebendigen Klang und die klugen dynamischen Feinabstufungen. Das junge Quartett präsentiert sich als souveräner Gestalter traditioneller Melodielinien, eingängig in der Dynamikkontrolle, energisch in der Gestaltung ihrer Soli: „The Sound of Jazz ist im klassischen, akustischen Jazzsound gehalten“, betont Lukas Pfeil, „und auch vom Programm her eher traditionell“. Die Jazzstandards gehen ausnahmslos ins Ohr, gleichsam kommt die musikalische Vielfalt nicht zu kurz.

Anselm, der Sohn des bekannten Tübinger Vibraphonisten Dizzy Krisch, begann bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Pianospiel, nahm klassischen Klavierunterricht bei Wei Tsin Fu im Tübinger Hesse-Haus und begann Ende 2002, sich auf den Jazz zu konzentrieren. Ab Herbst 2006 studierte er acht Semester lang an der Mannheimer Hochschule für Musik Jazz- und Popularmusik und ließ dem Bachelor-Abschluss 2011 ein Master-Studium an der Musikhochschule Stuttgart folgen. Auch sein Mitspieler Lukas Pfeil stammt aus einer Musikerfamilie: Der Vater spielt wie der Sohn Saxofon, der Bruder Posaune. Lukas wurde in Tübingen geboren und studierte Jazz-Saxofon an der Hochschule für Musik Köln bei Professor Wolfgang Engstfeld und Claudius Valk. Im März 2013 schloss er sein Studium mit Bestnote ab. Seit August 2013 studierte er im Masterstudiengang „Jazz Performance“ am Queens College in New York und kam 2015 zurück in seine Heimatstadt Tübingen.

Die Fähigkeit zum Zusammenspiel zeigt das hohe Niveau dieser Vierer-Besetzung. Mal demonstriert das Quartett ironische Distanz, ohne der Musik ihre Tiefe oder ihr assoziatives Vermögen zu rauben. Dann wieder stöbern die Vier in der Jazzgeschichte, deren Archivar sie werden, ohne sich im bloß Historischen zu verlieren. Jürgen Spieß

Lukas Pfeil & Anselm Krisch „The Sound of Jazz“: Mittwoch, 24. Februar, 20.30 Uhr, im Club Voltaire. Die Band freut sich über Spenden.

Hier geht’s zum Livestream: https://youtu.be/880MG_EgR7w