Kommentar

Zur Erheiterung

Letztes Jahr war ich ja schon überrascht, in einem großen Bekleidungsgeschäft auf den Preisschildern „Sale“ zu lesen, in Rot. Dort, wo meiner Erinnerung nach früher ein deutsches Wort stand, wahrscheinlich „Sommerschlussverkauf“. Ein Wortungetüm, das mir aber ganz leicht von der Zunge ging. Doch nun las ich auf einem Titelblatt (TAGBLATT ANZEIGER, 7. August) ganz groß: Final Sale!

21.08.2019

Günter Sopper amüsiert sich über manch mutige Wort-schöpfung.

Günter Sopper amüsiert sich über manch mutige Wort-schöpfung.

Zwar ist das nicht viel kürzer als „Schlussverkauf“, aber – immerhin – noch eine Steigerung. Niedrigere Preise,
sozusagen ein „Schluss-Schlussverkauf“. Das hat auf jeden Fall etwas Dramatisches an sich. Wie es der „Ausverkauf“ der deutschen Sprache an sich hätte. Doch keine Sorge, der geht es gut, trotz Denglisch und Scheinanglizismen.

In einem „Bodybag“ trägt man hierzulande niemanden, den man dann beim „Public Viewing“ zum letzten Mal sieht. Im Deutschen werden die zu eng gefassten Begriffe von ihrer Assoziation mit Leichensack und -schau befreit. Dass es mit englischen Muttersprachlern peinliche Missverständnisse geben kann, ist normalerweise kein Problem. Da zeigt sich doch die Kreativität einer Sprache, im Scheinenglisch am genialsten beim Handy, einer Wortschöpfung, die nach wie vor zu Smartphone & Co passt. Denn wo findet man es bei den Menschen, die einem auf der Straße begegnen? In ihrer Hand, denn es ist handlich und leicht zugreifbar, also „handy“. Da nimmt man gerne auch den „Handy Shop“ hin, auch wenn es ein „Laden“ ebenfalls getan hätte. Doch ein „Hairless Studio“ in Tübingen? Nun, moderne Technologie macht es möglich, dass das Studio auch nach der Behandlung haarlos bleibt.

Wundern würde sich ein englischer Muttersprachler auch über „Bad Design“. Da kann doch nicht ernsthaft jemand mit schlechtem Geschmack werben? Der absolute Renner unter den Geschäftsnamen jedoch: „Mister Lady“. Vielleicht ein mutiger Hinweis auf die Akzeptanz des dritten Geschlechts?

Ich frage mich oft, warum bei öffentlicher Verwendung einer anderen Sprache nicht solche Leute befragt oder, im Falle von Gebrauchsanweisungen, jene mit der Übersetzung betraut werden, die dieser Sprache mächtig sind. Die einzige Antwort, die ich mir dazu geben kann, ist, dass dahinter die Absicht der Erheiterung der Mitmenschen steht.

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Erstellt:
21.08.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 53sec
zuletzt aktualisiert: 21.08.2019, 01:00 Uhr

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