Es war anstrengend

Martina Schuler über die Software-Umstellung in der Tübinger Stadtbücherei im vergangenen Jahr

Die Tübinger Stadtbücherei hat vor einem Jahr ihre Bibliotheks-Software umgestellt. Seitdem gibt es einen neuen Online-Katalog und ein neues Ausleihprogramm. Wir sprachen mit der Bibliotheksleiterin Martina Schuler über die Erfahrungen damit.

15.01.2020

Martina Schuler vor dem neuen Katalog. Archivbild: Erich Sommer

Martina Schuler vor dem neuen Katalog. Archivbild: Erich Sommer

Seit einem Jahr arbeiten Sie in der Tübinger Bücherei mit einer neuen Software. Sind Sie zufrieden mit der Umstellung?

Martina Schuler. Die Software-Umstellung war ein ganz, ganz großes Thema: Es war das, was bei uns das ganze letzte Jahr geprägt hat. Weil das neue Programm nicht einfach nur eine neuere Version des alten Programms ist, mussten wir umdenken, auch Arbeitsabläufe neu denken, manches anders organisieren.

Um ehrlich zu sein: Es war sehr anstrengend und es hat sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als wir dachten. Die Planung war, im Sommer im wesentlichen fertig zu sein. Das war nicht so, auch wenn alle Termine, die wir uns vorgekommen hatten, geklappt haben.

Letztendlich haben wir alle unterschätzt, was so eine Umstellung an Arbeit macht und wir hätten nicht gedacht, dass wir so einen langen Zeitraum zu nichts anderem kommen.

Aber wir finden, dass es sich gelohnt hat.

Inwiefern?

Wir haben jetzt in manchen Bereichen einen besseren Service und deutlich weniger Arbeit. Zum Beispiel bei den Mahnungen. Die werden jetzt automatisch per Mail vom System verschickt. Das heißt, wir müssen viel weniger per Post verschicken. Außerdem sendet das System schon ein paar Tage vor der Mahnung eine Erinnerung daran, dass Medien zurückgegeben werden müssen. Das kommt bei unseren Lesern extrem gut an, weil es einfach praktisch ist. Vorher gab es viele Beschwerden wegen der Mahnungen.

Natürlich haben wir dadurch auch weniger Einnahmen, weil nun viele Mahngebühren gar nicht anfallen. Aber das haben wir einkalkuliert.

Haben Sie sonst noch Rückmeldungen von Leser/innen?

Es gibt auch Leser, die sich beschweren, die sagen: ‚Im alten Katalog hat aber das so und so funktioniert‘. Und sie haben zum Teil Recht, denn unser alter Online-Katalog hatte präzisere Treffer. Der neue Katalog findet immer was und bei manchen Suchen haben Sie dann viel zu viele Treffer. Da muss man dann über die ‚erweiterte Suche’ mehr einschränken. Das ist komplizierter. Dafür hat der alte manchmal gar nichts gefunden, obwohl es Treffer hätte geben müssen.

Was auch anders ist: Anschaffungswünsche können jetzt nur noch online gemacht werden. Das hat dazu geführt, dass wir gigantisch viel mehr Anschaffungsvorschläge haben als vorher mit den Postkarten.

Warum haben Sie sich eigentlich für ein völlig neues Bibliothekssystem entschieden und nicht einfach nur für eine neuere Version des alten?

Wir haben in unserer alten Bibliothekssoftware und -struktur niemals E-Mails zuverlässig rausschicken können. Wir haben lange gedacht, dass wir das hinkriegen. Haben wir aber nicht.

Zudem ist die neue Bibliothekssoftware wesentlich preisgünstiger als die alte. Wir haben da jetzt ein Open-Source-Programm aus Neuseeland, das weltweit eingesetzt wird. Dadurch haben wir viel Geld eingespart. Mit diesem Geld konnten wir unsere Fahrradkuriere finanzieren. Eine Einrichtung, die eine deutliche Verbesserung für die Leser/innen gebracht hat.

Wieso?

Früher musste man jedes Medium an der Stelle zurückgeben, wo man es ausgeliehen hatte. Also da, wo es seinen Standort hat. Jetzt darf man die Medien überall abgeben, egal ob man sie aus einer Zweigstelle oder aus der Hauptstelle geholt hat. Zurück an ihren eigentlichen Standort kommen sie dann durch die Fahrradkuriere, die zwei Mal die Woche zwischen der Hauptstelle und allen Zweigstellen hin- und herfahren.

Haben Sie dadurch nicht
mehr Verluste?

Ein Nebeneffekt ist schon, dass wir jetzt ein bisschen mehr suchen müssen. Es landet schon ab und an mal was in der falschen Zweigstelle.

Aber die Möglichkeit, Medien überall abgeben zu können, war ein Wunsch, der häufig von unseren Lesern geäußert worden war und das wird wirklich sehr, sehr gut genutzt.

Wie viele Medien hat die Tübinger Stadtbücherei eigentlich? Und wie viele Leser/innen?

Wir haben 200 000 Medien, davon 140 000 in der Hauptstelle. Was wir gut zählen können, sind Besucherinnen und Besucher, weil die an der Tür erfasst werden: Das sind 430 000 pro Jahr. Aktive Nutzer/innen haben wir 14 000.

Und das werden Sie sicher auch immer gefragt: Haben Sie einen Lesetipp?

Ja, klar: „Dies ist kein Liebeslied“ von Karen Duve.

Fragen von Angelika Brieschke

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Erstellt:
15.01.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 03sec
zuletzt aktualisiert: 15.01.2020, 01:00 Uhr

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