Der Kommentar

Mehr Bildung statt Bürokratie

24.05.2023

Von Angelika Brieschke

Die neueste Lesestudie in den Grundschule hat mal wieder bestätigt: Unsere Kinder lernen nicht genug in unseren Schulen. Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) hat ergeben: Über ein Viertel der Grundschülerinnen und Grundschüler in Deutschland können am Ende der 4. Klasse nicht ausreichend lesen.

Als eine der Maßnahmen gegen diesen schon lange bestehenden Abwärtstrend möchte die Landes-Kultusministerin Theresa Schopper Sprachtests im Kindergarten für Vierjährige einführen. An sich eine super Idee, aber: Gab es das nicht schon mal?

Ich erinnere mich dunkel daran, dass mir vor vielen Jahren die Erzieherin meines Sohnes vorjammerte, dass sie nun allen Kindern hinterherkriechen müsse, um herauszufinden, ob deren Sprachentwicklung in Ordnung sei. Das koste sie pro Kind mindestens eine Stunde Zeit – so lange dauere es, bis sie aus einem Kind sämtliche geforderten Sprachbeispiele herausgelockt habe. Und die anschließende Schreitischarbeit war da noch gar nicht mit eingerechnet.

Ich als Mutter war vor allem darüber empört, dass wegen dieser Dokumentationspflicht die Erzieherinnen mehr Zeit am Schreibtisch statt bei den Kindern verbrachten. Und: Ein Ergebnis der Spracherhebung bei meinem Sohn habe ich als betroffene Mutter nie erhalten. Ich weiß noch nicht mal, in welcher Verwaltung die Ergebnisse aufbewahrt werden – und ob es damals überhaupt irgendwelche Konsequenzen für irgendwelche Kinder gab.

Sicher aber ich bin mir, dass die jetzt geplanten Sprachtests bürokratie-akribisch vorbereitet, durchgeführt, eingetütet und irgendwo datenschutzgesichert vor jeglichem Zugriff gelagert werden. Nur – ob das positive Bildungsfolgen für die jetzigen Kindergarten-Kinder haben wird? Daran habe ich so meine Zweifel, denn vermutlich würde das ja GELD kosten. Und nach etlichen Jahren als Mutter im deutschen Bildungssystem weiß ich: Geld ist in diesem Bereich grundsätzlich knapp bis nicht vorgesehen. Stattdessen wird gerne und oft von Politikern in folgenlosen Fensterreden betont: „Unsere Kinder sind unsere Zukunft“. Übersetzt heißt das für mich: Um die kümmern wir uns frühestens in irgendeiner Art von Future. Also später, und auch dann nur vielleicht.