G8 und die Folgen

Nicole Heiß gibt Tipps zur Stressbewältigung

Seit der Einführung des verkürzten Gymnasiums G8 ist Schulstress immer häufiger Thema bei Schülern und Eltern. Die Schülerpraktikanten des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTS beschäftigten sich mit diesem Problem und sprachen hierfür mit Nicole Heiß, der Schulsozialpädagogin des Kepler-Gymnasiums Tübingen.

24.02.2016

Nicole Heiß gibt Tipps zur Stressbewältigung

TAGBLATT ANZEIGER:

Warum haben Sie diesen Beruf ergriffen? Was fasziniert Sie daran?

Nicole Heiß: Mir gefällt besonders die Vielfältigkeit an diesem Beruf. Als Lehrer vermittelt man den Schülern hauptsächlich den vorgegebenen Stoff und hat somit immer die gleiche Rolle und wenig Abwechslung. Der Beruf als Sozialpädagogin hält immer Neues bereit und wird nie langweilig.

Werden Sie häufig kontaktiert, um Probleme zu lösen?

Ja, das kann man so sagen. Es gibt aber zum Teil übers Jahr verteilt Zeiten, in denen ich mehr angefragt werde. So kommt es zum Beispiel häufig vor allem zu Beginn sowie gegen Ende des Schuljahres zu Konflikten innerhalb der Klassengemeinschaft. Da zu Beginn des Schuljahres die Klassen neu gebildet werden oder sich die Schüler nach der langen Ferienzeit verändern, kommt es in dieser Zeit häufig zu Konflikten. Niemand kann sich seine Klasse aussuchen.

Haben Sie seit der Einführung von G8 häufiger mit gestressten Schülern zu tun?

Seit G8 ist der Gesamtdruck beziehungsweise die Erwartungshaltung viel höher. Schulisch werden oft Inhalte verlangt, die früher erst viel später behandelt wurden. Das führt bei vielen Schülern zu Überforderung. Nicht alle können bei diesem Tempo mithalten. Besonders in naturwissenschaftlichen Fächern wie Chemie oder Physik macht sich das bemerkbar.

Was löst diesen Stress konkret aus?

Der Stress resultiert aus einem Zusammenspiel von mehreren Faktoren. Im Schulalltag wird heutzutage deutlich mehr in kürzerer Zeit gefordert, auch der Leistungsdruck durch die Eltern belastet viele Schüler. Die tatsächliche wöchentliche Stundenanzahl hat sich jedoch kaum verändert.

Wie kann man diesen Stress bewältigen?

Oft scheitert es meiner Meinung nach am richtigen Zeitmanagement, da der Schüler wenig Einfluss auf den Schulalltag hat. Daher ist eine Abwechslung zwischen Schule und Freizeit enorm wichtig. Hobbies bieten einen guten Ausgleich von dem sonst sehr stressigen Schulleben. Der falsche Weg wäre es, Hobbies aufgrund schlechter schulischer Leistungen ganz aufzugeben.

Würden Sie sich für mehr Stressbewältigungsprogram-me einsetzen? Ist dies ein guter Lösungsansatz für das Problem?

Man sollte schon früh damit anfangen, um den Schülern den bestmöglichen Einstieg zu garantieren. Oft hilft es, den Schülern Konzepte vorzulegen, an denen sie sich in den ersten Jahren orientieren können. Eine gute Struktur ist hierfür die Basis.

Ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, die Lehrer als festes Mitglied der Stressbewältigung einzubinden?

Jeder Lehrer sollte ein Auge auf seine Klasse haben. Oft verfügen die Lehrkräfte aber nicht über die nötige Zeit, um jeden einzelnen Schüler betreuen zu können. Das variiert allerdings stark von Lehrer zu Lehrer.

Haben Sie das Gefühl, dass Schüler mehr Unterstützung fordern?

Meiner Meinung nach geht die Initiative weniger von den Schülern aus. Meistens nehmen sie freiwillige Angebote nicht wahr, dies ist jedoch der falsche Ansatz.

Was raten Sie gestressten Schülern?

Wenn Schüler merken, dass sie mit der Situation überfordert sind, sollten sie sich möglichst rasch Hilfe suchen. Dies sollte keinesfalls peinlich sein. Es ist kein Versagen, wenn man ein Problem nicht selbstständig bewältigen kann. Die meisten deutschen Schulen verfügen über das nötige Personal, um schnell Hilfe leisten zu können.

Die Fragen stellten Luis Hairass, Fabian Knisel und Nicolas Michaelis

Die Sozialpädagogin

Nicole Heiß beschäftigt sich mit einem breit gefächerten Spektrum an Problemen im Schulalltag. Sie berät Schüler, Eltern sowie Lehrer und vermittelt bei Bedarf an unterstützende Einrichtungen. Häufig kooperiert sie hierfür mit anderen Beratungsstellen. Seit 2013 ist sie am Schulzentrum Uhlandstraße als Schulsozialpädagogin tätig.

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Erstellt:
24.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 24.02.2016, 01:00 Uhr

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