Aus der Luft und zu Fuß (69)

Wolfenhausen

13.03.2019

Von Andrea Bachmann / Bilder: Erich Sommer

Wolfenhausen

Nur „wenige gutgebaute Häuser“ hätte es in Wolfenhausen gegeben, berichtet die Oberamtsbeschreibung von 1828. Damals gehörte Wolfenhausen zum Oberamt Rottenburg, 1938 wurde der Ort im Oberen Gäu, der Hochfläche zwischen Schwarzwald und Schönbuch, dem Landkreis Tübingen eingegliedert. Seit 1973 bildet Wolfenhausen gemeinsam mit Nellingsheim und Remmingsheim die Gesamtgemeinde Neustetten. Der Name stammt von der längst abgegangenen Ortschaft Stetten südwestlich von Wolfenhausen.

Längst nicht mehr vorhanden ist auch eine Burg aus dem 12. Jahrhundert, die sich im Winterrain, dem bewaldeten Höhenzug zwischen Wolfenhausen und Remmingsheim, an strategisch günstiger Lage befand. Bauherr war das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, das sämtliche Ortschaften der späteren Gemeinde Neustetten sowie Obernau von einem Grafen aus der Schweiz kaufte. Da gab es bereits eine Kirche, die 1120 zum ersten Mal erwähnt wurde und natürlich auch im Besitz des Klosters Allerheiligen war, das sämtliche Pfarreinkünfte erhielt.

Im Mittelalter war Wolfenhausen also das Zentrum eines Herrschaftskomplexes, der so groß war, das er zum Beispiel als Ritterschaft seine Eigenständigkeit hätte behalten können. Aber 1362 gelangten die Hoheitsrechte über Wolfenhausen an die Pfalzgrafen von Tübingen und 1382 kam der Ort schließlich an Württemberg. 1528 verkaufte das Kloster all seine Rechte, Einkünfte und auch den sogenannten Abtswald, auf dem die Burg stand, an die Universität Tübingen. Von der Burg war allerdings nicht mehr viel übrig: Schon 1497 soll dort nur noch eine verwilderte Ruine gestanden haben, die die Bewohner von Wolfenhausen als Steinbruch benutzten. Der ehemalige Gasthof „Krone“ soll aus solchermaßen recycelten Steinen erbaut worden sein.

Die Universität hatte auch die Patronatsrechte über die Kirche, die damals noch dem heiligen Nikolaus geweiht war und erst ab 1665 Michaelskirche genannt wird. Sie besoldete den Pfarrer und war für den Unterhalt von Kirche und Pfarrhaus zuständig. 1534 wurde die Gemeinde reformiert. Auch der Fronhof neben der Kirche gehörte jetzt der Tübinger Universität, die in Wolfenhausen aus Land- und Forstwirtschaft einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte erzielte.

Trotz dieser neuen Besitzverhältnisse lag die Gerichtsbarkeit in Wolfenhausen bei dem Verwalter des Klosterhofs, der noch 1559 mit der Universität Tübingen deswegen einen Vergleich schließen musste. Erst lange nach dem 30-jährigen Krieg, im Jahr 1678, hörte diese besondere Form der Rechtsprechung auf. Noch heute ist im Wappen von Wolfenhausen ein weißer Schwurstab zu sehen, der auf diese Gerichtsbarkeit verweist.

In dieser Zeit übernahmen nach und nach der Schultheiß und mehrere Bauersfamilien die Höfe als Erblehen. Noch heute verfügen deren Nachkommen teileise über kleine Parzellen aus diesen Übereignungen.

Heute hat Wolfenhausen ungefähr 850 Einwohner und ist einer der wenigen Orte im Kreis Tübingen der noch stark von der Landwirtschaft geprägt ist. Andrea Bachmann

Bilder: Erich Sommer

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Erstellt:
13.03.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 13.03.2019, 01:00 Uhr

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