Eine Bigband im Kleinformat

Rainer Tempel stellt sein neues Projekt „3‘00“ vor

Seit 25 Jahren veranstaltet Rainer Tempel Neujahrskonzerte verschiedenster Art im Sudhaus: Bei seinem neuesten Projekt „3‘00‘‘ ist für den Tübinger Jazzkomponist und Allrounder der Ausgangsgedanke, etwas zu wagen, was über den Jazz hinausgeht und abseits aller ausgetretenen Pfade liegt.

19.01.2022

Rainer Tempel ist stets auf der Suche nach neuen musikalischen Wegen. Bild: Jürgen Spieß

Rainer Tempel ist stets auf der Suche nach neuen musikalischen Wegen. Bild: Jürgen Spieß

„Ich mache das meiste selber. Ich schreibe die Musik für die Bands und Projekte, die ich mir ausdenke, nehme die Sachen auf und versuche sie zu verbreiten“, so der 1971 in Tübingen geborene, in Mössingen aufgewachsene und nun wieder seit Jahren in der Tübinger Gartenstraße lebende Pianist. Rainer Tempel ist nicht nur Komponist, Pianist, Professor, Dirigent und Arrangeur, er ist auch ein ausgewiesener Liebhaber großer Bandbesetzungen. Früh schon hat sich der Tübinger für das Riesenspielzeug erwärmt, spielte ab 1985 bei der Bigband der Jugendmusikschule Mössingen und ab 1993 in der Uni Bigband Tübingen unter Bobby Burgess.

Mitte der 80er-Jahre begann er auch selbst zu arrangieren und zu dirigieren und feierte erste Erfolge mit der Tübinger Jazzband Modern Walkin‘. Er studierte bei Martin Schrack an der Hochschule für Musik Nürnberg Jazzklavier und diplomierte 1998 mit einer Arbeit über Vince Mendoza. Seit Jahren arbeitet Tempel mit immer neuen Formationen, das Spektrum seiner Aktivitäten reicht vom Pianotrio und Quartett („Woodwinds“) über sein Quintett „GmbH“ und das Septett Tempelektrisch mit Nils Wogram, Frank Möbus und Jim Black bis zu den Formationen Finger Food, Eleven und Ersatzbrüder. Er war Mitglied der Late Eight Bigband Stuttgart, spielt mit der Sängerin Fola Dada und dem Vibraphonisten Dizzy Krisch im Duo und gehörte zu den Gruppen von Ron Spielman und HQL.

Wie in allen seinen Projekten geht es dem Jazzmusiker stets um die Suche nach neuen Wegen. Ob in seinen eigenen Formationen und Bigbands oder in der Zusammenarbeit mit Musikergrößen wie Chick Corea, Nils Landgren, Wolfgang Haffner, Kenny Wheeler und Till Brönner. Aber Tempel schreckt auch keineswegs vor unkonventioneller Unterhaltungsmusik zurück: So dirigierte er bereits verschiedene Musical-Produktionen („Mamma Mia“ im Stuttgarter Palladium Theater) macht hin und wieder Theatermusik (Melchinger Lindenhof) und spielte mehr als zehn Jahre als festes Bandmitglied beim Tübinger Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn Klavier.

Mit seinem neuen Projekt „3‘00“ bringt Tempel mit der ungewöhnlichen Besetzung Klavier, Saxofon, Trompete und Posaune eine Art „Pocket-Bigband“ auf die Bühne, die den Bigbandcharakter mit einem Instrument aus jeder Bläsergruppe in einem Quartett vereint. Außerdem hat Tempel für dieses Projekt neue Werke komponiert, die exakt drei Minuten lang sind. Wie es dazu kam? Der Tübinger Komponist fragte sich, ob längere Werke zwischen neun und dreizehn Minuten nicht in weniger Zeit zum Punkt kommen könnten. Mit Christian Weidner (Saxofon), Bastian Stein (Trompete) und Felix Fromm (Posaune) hat der Tübinger Pianist drei Bläser gewinnen können, mit denen er nun einen kompositorischen Bogen über 25 Jahre Neujahrskonzerte spannt.

In seiner Faszination für Transparenz, Jazzimprovisation und neue kompositorische Ausrichtungen liegt die Basis für Rainer Tempels neues Projekt. So verspricht diese Zusammenkunft nicht nur eine Begegnung mit dem anregendem musikalischen Kosmos des Pianisten, sondern trägt auch dazu bei, die stiefmütterliche Behandlung, die der Jazz im Allgemeinen und gerade jetzt in diesen für alle Kulturschaffenden schwierigen Zeiten erfährt, etwas zu relativieren. Jürgen Spieß

Rainer Tempels Quartett spielt am Freitag, 21. Januar, um 20.30 Uhr, im Tübinger Sudhaus.

Zum Artikel

Erstellt:
19.01.2022, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 35sec
zuletzt aktualisiert: 19.01.2022, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen