Esel, Weber, Gigelberg
Schöne Tagesausflüge mit der Bahn: nach Biberach an der Riß

Der weiße Turm vom Gigelberg ist eines der vielen markanten, sehenswerten Gebäude in Biberach. Unterhalb des Gigelbergs liegt das einstige Zunftviertel der Weber. Bilder: Arndt Spieth
Auch von Tübingen aus ist Biberach an der Riß bequem mit der Bahn zu erreichen, und diese oberschwäbische Stadt ist definitiv einen Besuch wert.
Dank der neuen Schnellbahntrasse benötigt der „Interregio 200“, der zwischen Wendlingen und Ulm verkehrt, nur 27 Minuten, und Regionalzüge Richtung Bodensee führen uns von Ulm rasch weiter nach Biberach. Man kann aber auch erst in Plochingen umsteigen und mit dem Regionalexpress 5 auf der klassischen Route der „schwäbische Eisebahne“ ohne Umstieg nach Biberach fahren.
Der Biberacher Bahnhof liegt am Rand der malerischen Altstadt, die bequem zu Fuß erreichbar ist. Die ehemalige Freie Reichsstadt hat Vieles zu bieten: Einen der schönsten Marktplätze Süddeutschlands, die simultane Stadtpfarrkirche St. Martin, die seit 1548 von Katholiken und Protestanten gemeinsam genutzt wird, den Weberberg mit seinen bezaubernden Weberhäusern und das Museum Biberach – ein modernes Mehrsparten-Museum mit prachtvollen Künstlerateliers aus dem 19. Jahrhundert und einer hochwertigen Kunstsammlung (samstags kostenloser Eintritt). Bis Mitte Oktober gibt es dort eine interessante Sonderausstellung zum Thema „Nationalsozialismus in Biberach“.
Auch heute noch prägen Türme der einstigen Stadtbefestigung das Stadtbild, wie der Weiße Turm am Gigelberg, das Ulmer Tor und natürlich der 69 Meter hohe Turm von St. Martin. Auf unserem Weg zum Marktplatz führt uns der Weg zunächst durch ein Viertel mit modernen Gebäuden, denn das Quartier um das Ulmer Tor wurde kurz vor Kriegsende im Jahr 1945 von Bomben getroffen.
Am besten gehen wir in Richtung Stadtkirche, deren Turm vom Bahnhof aus gut sichtbar ist. Die im 14. Jahrhundert erbaute gotische Basilika wurde im Inneren 1746 im barocken Stil umgestaltet. Nach der Reformation wurde die Freie Reichsstadt und ihre Stadtkirche zunächst protestantisch. Da jedoch vor allem die Adelsschicht dem römisch-katholischen Glauben treu blieb, wird St. Martin seit 1548 von beiden Konfessionen genutzt. Für das beeindruckende Deckenfresko im Kirchenschiff von Johannes Zick wurden Themen gewählt, die für beide Konfessionen akzeptabel waren. Der Chor blieb immer katholisch und ist entsprechend von Heiligendarstellungen geprägt. Inzwischen ist Biberach wieder mehrheitlich katholisch.
Wir setzen unseren Weg gen Westen fort und sehen auf der linken Seite das wunderschöne „Neue Rathaus“ von Biberach aus dem Jahr 1503. Unmittelbar daneben befindet sich das „Alte Rathaus“, ein Fachwerkbau aus dem späten Mittelalter von 1432. Das ursprünglich offene Erdgeschoss diente den Metzgern als Verkaufshalle. In den oberen Räumen befanden sich der Ratssaal und die Amtsstuben. Beim Bau des Neuen Rathauses wurden 1 800 Eichenpfähle in den Boden gerammt, da der Untergrund aufgrund des hohen Grundwasserstandes morastig war. Der schöne Marktplatz wird von prächtigen Bürger- und Patrizierhäusern gesäumt und der Biberacher Esel von Peter Lenk zu „Wielands Prozess um des Esels Schatten“ auf dem Platz ist ein besonderer Hingucker.
Nun lohnt es sich, durch die Altstadt mit ihren engen Gassen zu schlendern. Hierbei sollte man den Weberberg nicht verpassen, mit seinen liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern aus dem 14. Jahrhundert. Dieses einstige Zunftviertel der Weber erstreckt sich unterhalb des Gigelbergs, der durch den Weißen Turm und den Gigelturm (Ausguckturm des Brandwächters) gut erkennbar ist. Um das Jahr 1500 sollen über 400 Webstühle in Biberach gestanden haben, und etwa ein Viertel der Bevölkerung lebte von der Weberei. Die Stadt war bekannt für die Herstellung von Barchent, einem Gemisch aus Leinen und Baumwolle, das in die ganze Welt exportiert wurde. In der Bleicherstraße steht auch heute noch die Weißgerber Walk aus dem 17. Jahrhundert, die letzte noch betriebene Altsämisch-Gerberei Deutschlands.
Die Stadt an der Riss liegt im Herzen des von Gletschern geformten Alpenvorlandes zwischen Moränenhügeln wie dem Gigelberg. Während der Riss-Eiszeit erstreckte sich der Rheingletscher bis hierher, was den Namen dieser Kaltzeit erklärt. Arndt Spieth
Weitere Informationen zur ehemaligen Reichsstadt Biberach finden Sie online unter:
https://tourismus.biberach-riss.de

Der Marktplatz in Biberach mit seinen prächtigen Bürger- und Patrizierhäusern ist einer der schönsten Marktplätze Süddeutschlands.