Aufgeklärter Umgang

Sichere Online-Lehre mit freier Software

Seit 2013 hat der Mathe- und Informatiklehrer Ralf Anske in über 250 Fortbildungen Lehrkräfte fortgebildet. Kommenden Samstag zeigt der 41-Jährige bei der nächsten Tübinger Cryptoparty, wie Open Source-Tools einen datenschutzkonformen Unterricht ermöglichen.

03.03.2021

Kennt sich mit IT-Systemen aus: Ralf Anske gibt einen Workshop für die Cryptoparty Tübingen. Bild: Michael Weinreich

Kennt sich mit IT-Systemen aus: Ralf Anske gibt einen Workshop für die Cryptoparty Tübingen. Bild: Michael Weinreich

TAGBLATT ANZEIGER: Was brauchen Schüler für digital gestütztes Lernen?

Ralf Anske: Rückblickend auf 14 Jahre als Lehrer sind ein guter Internetzugang wichtig und ein technisches Endgerät mit physikalischen Tasten, wie PC oder Laptop. In der Grundschule reicht vielleicht noch eins ohne Tasten, ein Tablet. Ich bekam aber am Rande mit, dass eine Schülerin an meiner Gemeinschaftsschule eine Seminararbeit über 20 Seiten auf dem Smartphone tippte. So sollten Schüler nicht arbeiten müssen.

Was brauchen Lehrkräfte?

Für Lehrer geht vieles online. Bei uns in Brandenburg können wir die Noten seit Jahren online einpflegen, das Land verwaltet dazu die Plattform „Webbschule“. Ich find’s super. Ich habe auch kein Klassenbuch mehr. Wichtig sind ein Lernmanagementsystem wie Moodle und ein niedrigschwelliger Kommunikationskanal, da bin ich ein Fan von Email.

Man braucht ein Tool zum Konferieren, zum Zusammenarbeiten etwas wie Etherpad, und auch etwas, um sich gegenseitig Rückmeldung geben zu können. Es ist von Vorteil, wenn sich die Kollegen untereinander absprechen und die Schüler genau wissen, was von ihnen erwartet wird. In der Schule braucht man Endgeräte, die die Schüler mitbringen können und WLAN, das man nach Bedarf einrichten kann.

Was sind typische Probleme in der digitalen Lehre?

Oftmals sind kein Geräte vorhanden. Ein Flaschenhals ist oft die Wartung. Oft gibt es für Schulen einen IT-Beauftragten, der etwa zusätzlich die Geräte der Kommune pflegt. Dass vor Ort alles funktioniert, bleibt häufig an Lehrern hängen, die das zum Teil in ihrer Freizeit machen.

Es gibt die Initiative „Chaos macht Schule“ des Chaos-Computer-Clubs, die Lehrer, aber auch Schüler und Eltern zum aufgeklärten Umgang mit Hard- und Software informiert. Ich selbst gab schon knapp 30 Workshops an Schulen und auch während der Corona-Zeit geben wir Online-Workshops.

Unsere Schüler sind häufig Experten für Unterhaltungs- und Kommunikationsdienste. Damit sie die Technik drumherum und den Schutz ihrer Daten besser durchschauen, sind Medienscouts eine Lösung, also Schüler, die sich gegenseitig fortbilden und auch die Lehrer unterstützen.

Beim Workshop am Samstag stellen Sie kostenfreie Software-Lösungen vor. Welche Rolle spielt der Datenschutz in der digitalisierten Schule?

Viele Lehrer sind verunsichert. Meist gibt es an einer Schule unterschiedliche Ideen zur Umsetzung digitaler Lehre. Da wird etwa Microsoft Teams oder Google Classrooms eingekauft. Bei kommerzieller Software von Unternehmen außerhalb der EU können sich die rechtlichen Rahmenbedingungen aber schnell ändern, wie zuletzt beim „Cloud Act“ der US-Regierung, wonach US-Unternehmen ihre Daten aus dem Ausland jetzt den Behörden zugänglich machen müssen.

Die Landesdatenschutzstellen machen Vorgaben, doch ich würde Schulen zusätzlich empfehlen, langfristig mit freier Software zu planen, sodass sie die Kontrolle über ihre Daten und ihre Software haben.

Ich bin auch im Verein „Cyber4Edu“, der eigene Server betreibt und Freie Software prüft und optimiert. Wenn wir Optimierungen an der Software vornehmen, veröffentlichen wir den Quellcode auf Git-Hub, so dass jeder ihn nutzen kann.

Genau das macht freie Software aus. Da hat sogar das bayrische Staatsministerium mal angefragt. Wir sind Ansprechpartner für alle, die sich für Datenschutz und IT-Systeme in Bildungseinrichtungen interessieren. Die Leute sollen bewusst und informiert entscheiden können. Immer dienstags trifft sich „Cyber4Edu“ online – wir freuen uns über Interessierte und neue Gesichter. So sind wir auch relativ schnell gewachsen.

Fragen von Monica Brana

Am Samstag, 6. März, lädt die Cryptoparty Tübingen von 15 bis 18 Uhr zum Online-Workshop „Schule richtig digital“ mit Ralf Anske ein.

Anmeldung vorab per Email an lamm5714@posteo.de.

Mehr Infos online unter cryptoparty-tuebingen.de

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Erstellt:
03.03.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 46sec
zuletzt aktualisiert: 03.03.2021, 01:00 Uhr

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