Aus der Luft und zu Fuß (58)

Stockach

19.12.2018

Von Andrea Bachmann / Bilder: Erich Sommer

Stockach

„Ihr Bodensee-Urlaub beginnt hier!“, verspricht der allwissende Herr Google, während er Informationen über Stockach hervorkramt. Bodensee? Stockach? Ist Stockach nicht ein Ortsteil von Gomaringen? Es gibt tatsächlich zwei Stockachs, wobei das am Bodensee etwa doppelt so viele Einwohner hat wie die gesamte Gemeinde Gomaringen-Stockach.

Von Stockach weiß eine Oberamtsbeschreibung von 1824, dass es ein evangelisches Dorf mit 163 Einwohnern war – heute sind es immerhin 481 – und auf einer Anhöhe mit weiter Aussicht liegt. Es gehörte bis 1323 dem Kloster Bebenhausen und wurde dann an Friedrich von Gomaringen verkauft.

1824 hatte Stockach weder eine Kirche noch eine Schule noch ein Rathaus. Erst 1904 wurde die Pauluskirche von Theophil Frey gebaut, einem Schüler des berühmten württembergischen Kirchenbauers Christian Friedrich Leins. Für den war die Gotik das Maß aller Dinge, dieser Baustil war wie kein anderer dazu angetan, den Menschen fromme Gedanken einzugeben. Also baute Theophil Frey auch in Stockach aus Tuffstein und Feldbrandbacksteinen eine neugotische Kirche, die erst vor wenigen Jahren grundlegend saniert worden ist, nachdem Feuchtigkeit Mauerwerk, Putz und der bunten Bleiverglasung erheblich zugesetzt hatte. Mit einem reinen Luftkalkputz ohne chemische Zusätze wird jetzt dafür gesorgt, dass die aufsteigende Feuchtigkeit schnell nach außen transportiert werden kann. Die Buntglasscheiben wurden wieder instand gesetzt und durch eine Vorverglasung zusätzlich geschützt, Zeiger und Zifferblatt der Turmuhr bekamen eine neue Schicht Blattgold.

1938 fand man bei Straßenbauarbeiten einen keltischen Grabhügel aus der Hallstattzeit. Hallstatt ist ein Ort in Österreich, wo besonders viele und beeindruckende Spuren menschlichen Lebens aus dem 7. und 8. Jahrhundert vor Christus gefunden wurden und der deshalb der ganzen Epoche seinen Namen gegeben hat. Dazu gehören unter anderem steinerne Stelen mit eingravierten menschlichen Gesichtern und geheimnisvollen Ornamenten, die auf Grabhügel gesetzt wurden. In der Umgebung von Tübingen hat man besonders viele solcher Stelen gefunden: Im weichen Schlemmlehm der Neckarauen blieben diese Zeugnisse keltischer Grabkultur besonders gut erhalten. Der in Stockach gefundene Grabhügel wurde von einem Grabungsteam um Professor Gustav Riek untersucht. Die Archäologen fanden noch weitere Hügel von unterschiedlicher Größe und eine dieser Grabstelen, die bislang als die älteste im Kreis Tübingen gilt. Augen, Mund und Nase sind noch deutlich zu erkennen, die Brust ist mit einer Dreieckslinie verziert, die an die Borte eines Kleidungsstücks erinnert. Das Original steht im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart, in Stockach ist nur noch ein Abguss zu bewundern. Andrea Bachmann / Bilder: Erich Sommer