Der Kommentar

Scheidemonat

05.09.2018

Von Martina Fischer

Um Mariä Geburt (8. September) ziehen die Schwalben wieder furt – sagt ein alter Volksspruch. Denn jetzt wird es für die Schwalben, die auch Marienvöglein heißen, Zeit, sich auf die lange Reise in wärmere Länder zu machen. Denn es steht die „Ebennacht“ vor der Tür, die man auch Tag- und Nachtgleiche oder Äquinoktium nennt. Sie läutet den Herbst ein, der kalendarisch am 23. September beginnt. Der September ist ein „Scheidemonat“: Die Vögel ziehen fort, der Sommer zieht fort und die Älpler und Senner nehmen mit ihrem Vieh Abschied von den sonnigen Höhen und ziehen wieder hinunter ins Tal. Das Jahr steht wie im März mit dem Frühlings-Äquinoktium wieder auf der Waage und tritt mit dem Herbst dem Winter entgegen. Im Herbst beginnt nach dem Volksglauben die Geisterzeit. Jetzt lassen sich besonders die Irrlichter sehen und die Wilde Jagd beginnt mit ihrem nächtlichen Treiben. Im Herbst tritt die Gabe des „Zweiten Gesichtes“ auf, das heißt die Fähigkeit zur Wahrsagung und Erkenntnis okkulter Zusammenhänge. Gleichsam wird in dieser nebeligen Jahreszeit das Entstehen von Illusionen und Halluzinationen begünstigt.

In Württemberg galten der Spätherbst und der Winter als die beste Zeit zur Heirat. Ist zu dieser Zeit doch die Ernte vollständig eingefahren und die Scheunen und Keller prall gefüllt mit Essbarem.

Der Herbst ist die günstigste Jahreszeit zum Sammeln von Heilwurzeln und Heilkräutern. Betreffs des Wetters hat das Volk beobachtet, dass im Herbst große Gewitter selten sind, weshalb man auch sagt, dass zu „Bartholomäus“ am 24. August die „Wetter heimgehen“ und keine schweren Unwetter mehr zu befürchten sind. Allgemein verbreitet ist die Regel: Ist der Herbst warm, hell und klar, / so ist zu hoffen ein fruchtbar Jahr.