Laufen, Spaß und Sonne

Tübinger Erbe-Lauf auch unter neuen Bedingungen ein Erfolg

Man hätte sich das kaum vorstellen können – der Tübinger Stadtlauf führt nicht durch die Altstadt, über den Marktplatz und die Neckarbrücke. Am Sonntag hirschten die Läufer und Läuferinnen durch das Derendinger Gewerbegebiet.

22.09.2021

Alina Reh beim Zieleinlauf des Erbe-Laufs mit neuer Tübinger Bestzeit. Bild: Ulmer

Alina Reh beim Zieleinlauf des Erbe-Laufs mit neuer Tübinger Bestzeit. Bild: Ulmer

Gleich vorweg – die ganze Veranstaltung war ein großer Erfolg. Das begann mit dem Wetter, das für die späteren Starter/innen vielleicht etwas warm war. Doch gab es auch Schattenstellen auf der Piste, die das Rennen erträglich machten. Die meisten Vorbehalte gegen die Durchführung des Erbe-Laufes gab es, weil das Publikum weitgehend fehlte – ein Tribut an Corona.

Verständlich, denn wenn bislang vom Tübinger Stadtlauf die Rede war, erinnert man sich stets zuerst an das Bad in der Menge, die die Piste entlang der 3,3-Kilometer-Schleife säumte: Ausnahmslos jede/r, der beim Lauf mitmacht, wird angefeuert, gepusht, gelobt und ins Ziel getrieben. Unglaublich. Und ausgerechnet das sollte wegfallen?

Keine Zuschauer

Okay, die Zuschauer fielen aus am Sonntag. Aber es schien so, als sei die Freude der Läufer/innen, endlich wieder wettbewerbsmäßig laufen zu können, für alle weit wichtiger als die Zuschauerpräsenz. „Ich habe sicher schon 10 Mal mitgemacht“, sagte Volker Gross aus Hechingen, „aber heute war es richtig bewegend – es war mein erster Wettkampf seit fast eineinhalb Jahren.“ Das war der Tenor der meisten Starter/innen. Das Glück, wieder zu laufen und mit anderen um Zeiten und Platzierungen zu kämpfen.

Und gute Zeiten waren auf der Strecke drin. Über die Ernst-Simon-Straße und Steinlachwasen führte die Hatz und die Strecke war vollkommen flach und schnell. Es gab zwei 180-Grad-Kurven, die etwas Zeit kosteten, vor allem die Schnellen mussten da mit dem Tempo herunterfahren.

Gruppenstart

Der Start der 5-Kilometer-Gruppen fand um 10 Uhr statt, die 10-Kilometer-Läufer/innen gingen ab 11 Uhr auf die Piste. Jeweils 50 Läufer je Gruppe gingen gleichzeitig los, danach gab es fünf Minuten Pause bis die nächste Gruppe an den Start ging. So entzerrte sich das Feld, und auf der Strecke war trotzdem dauernd etwas los. Auffallend auch die große Gruppe der Helfer, die die Organisatoren stellten – allein gelassen brauchte sich niemand zu fühlen, gab es Fragen, fand man immer jemand, der/die weiterhelfen konnte.

Elitelauf

Der Start der 10er fand am Anfang der Ernst-Simon-Straße statt. Isabelle Baumann sorgte da für Moderation und Einweisung, stellte auch einzelne Läufer/innen vor. Die erste Startgruppe waren die Eliteläufer. Besonders im Frauenfeld war echte Prominenz am Start – auch wenn „Mocki“ Mockenhaupt erkältungsbedingt kurzfristig absagen musste. Dafür war mit Alina Reh (SCC Berlin) eine Top-Favoritin am Start. Kaum weniger prominent dann Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) und Olympiateilnehmerin Katharina Trost (LG Stadtwerke München). Letztere eine 800-Meter-Spezialistin, die sich auf die lange Strecke wagte.

Streckenverlauf

Gleich nach dem Start gab es eine mittlere Einlaufgerade, die schließlich zurückführte auf den Steinlachwasen. Die Straße führte vorbei am Erbe-Stammhaus, ging durch das spätere Ziel und nach einer 180-Grad Wende konnte man erst mal die lange Steinlachstraße bis zu ihrem Ende durchlaufen. An der Piste gab es immer wieder mal Beifall von Zuguckern – die Sportler oder deren Teammitglieder, die nicht im Einsatz waren, gaben die Zaungäste ab. Auch die Helfer/innen motivierten auch noch die letzten Läufer zur Bestleistung – fast so wie auf der Altstadtstrecke. Am Ende des Steinlachwasens die nächste Kehrtwende. Die Straße bog dann ab im Unteren Holz, führte ganz zurück und es ging danach in die nächste Runde. Auf der Strecke gab es durchweg Begegnungsverkehr, man wusste immer genau, wo die Konkurrenz steckte. Aber darum ging es gar nicht so sehr. Da war das Abklatschen, wenn man einem Kumpel oder einer Freundin begegnete, viel wichtiger. Da wurde dann aus dem Feld heraus motiviert.

Läuferwetter

Natürlich gab es durch die zeitversetzten Starts viel Überholverkehr. Dabei war die Lösung der Pistenführung für jede neue Gruppe einfach gelöst: Die Radler vom RV Pfeil Tübingen führten jeweils die Ersten an, so gab es kein Verlaufen. „Als ich mich eingelaufen habe“, sagte Jana Haupt, „dachte ich noch, dass ich mich bestimmt verirre bei so vielen Winkeln und Straßen – aber dann war alles doch ganz einfach.“

Zwar stiegen die Temperaturen im Laufe des Rennens, aber so richtig heiß wurde es eigentlich nicht. Und es gab, grade Unter dem Holz, immer wieder Schattenstellen. Erschrecken konnte man eigentlich bloß, wenn man sah, mit welchen Riesenschritten der spätere Sieger James Mutuku durch die 10 Kilometer sauste. Es kam zum Schluss die starke Zeit von 29:32 Minuten heraus. Auf Platz zwei kam, wie erwartet, Simon Boch, mit einer ebenso starken Zeit von 30:10 vor Torben Dietz mit 30:32 Minuten.

Starke Siegerinnen

Alina Reh gewann den Lauf nicht nur, sie setzte auch eine grandiose Zeit von 32:21 Minuten. Dahinter kam die Super-Mittelstrecklerin Hannah Klein, auch Lokalmatadorin, in starken 33:32 Minuten. Ganz stark auch Jule Vetter (LAV) auf Platz vier in sehr guten 35:28 Minuten. Überhaupt waren die LAVler – und das gilt für Männer wie Frauen, für Jungs wie Mädchen – stark vertreten im Rennen.

„Das wollen wir auch sehen“, heißt es von Vereinsseite, „weil wir uns da dem Publikum zeigen können.“ Viele der Nachwuchsläufer/innen versuchten sich erstmals auf einem langen Kanten. Neu dazu kam auch Eva Dietrich (Kassel), die Drittplatzierte. Sie studiert in Tübingen und hat sich der Trainingsgruppe um Isabelle Baumann und Hanna Klein angeschlossen. So kann man zusehends geballt Laufpower aus Tübingen erwarten.

Die Macher

„Nur übergangsweise“ hätten sie sich dieses Jahr um die Organisation des Stadtlaufes gekümmert, betonten die Macher Dieter Baumann und Marc Oswald. Sie waren hochzufrieden mit dem Ablauf des Events. „Wir konnten zeigen“, so Oswald, „dass unter diesen Bedingungen ein Lauf möglich war.“ Schwer eingespannt waren die zwei, ständig mit Bike, zu Fuß oder Auto unterwegs. Aber nächstes Jahr sollen sich andere darum kümmern. Dabei muss man höchsten Respekt haben vor der geleisteten Arbeit aller Beteiligten. Denn letzten Endes stampften sie aus dem Nichts einen „neuen“ Lauf aus dem Boden.

„Klar, alles ist ja anders als in den Vorjahren, da waren Strukturen da“, sagte Dieter Baumann. Dennoch sei es „ein Highlight“ gewesen, „ein richtiges Fest“, meinte er. Zwar kamen die Veranstalter nicht auf die sonst üblichen Stadtlaufzahlen, Corona hatte zumindest das verhindert. Dennoch rannten 585 Teilnehmer im Hauptlauf und 114 im sogenannten Jeder-Kann-Rund, einer 5-Kilometer-Strecke. Wie die Auswertungen ergaben, kamen stolze 98 Prozent der Gestarteten auch ins Ziel – ein äußerst hoher Wert.

Platanen-Run

Zu den Starterzahlen müssen auch die Teilnehmenden vom Samstag gerechnet werden. Da fanden nämlich die Jugendläufe im ebenfalls ungewohnten Terrain statt – in der Platanenallee nämlich. Die Premiere dort kam außergewöhnlich gut an bei Teilnehmenden, Organisatoren und auch bei den Eltern. Ein Vorteil, speziell am sonnigen Samstag, waren natürlich die schattenspendenden Bäume in der Allee.

Es gab eine Aufteilung in mehrere kleine Startfelder zu je 25 bis 30 Kinder. Die (wenigen) Zuschauer kamen meist aus den Familien der Teilnehmer. Auch die Belohnung für die begeisterten Läufer war angemessen – es gab für jede/n eine Medaille, für die besten drei jedes Jahrgangs sogar einen Pokal. Das führte dazu, dass am Ende alle 174 Schüler oder Schülerinnen mit einer Aufzeichnung durch die Gegend liefen.

Vorbereitung

So manche/r nutzte den Erbe-Lauf auch zur Vorbereitung auf weitere Läufe oder Meisterschaften, die im Herbst noch stattfinden. Matthias Koch, hochdekorierter Marathonmann der letzten Jahre, war einige Zeit verletzt. „Wenn es heute gut läuft“, verkündete er, „mach ich in ein paar Wochen bei der Marathon-DM mit.“ Er kam mit einer 36:00-Minuten-Zeit ins Ziel – der Marathon wird gebucht, Form okay.Werner Bauknecht

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Erstellt:
22.09.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 50sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2021, 01:00 Uhr

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