Jetzt auch Top-Athleten zu Hause

Tübinger Kandidatinnen und Kandidaten für Olympische Spiele in Not

Das Coronavirus verbreitet sich immer weiter in ganz Europa. Nicht nur in Deutschland werden einschneidende Maßnahmen zum Kampf gegen die immer weiter steigenden Infektionszahlen getroffen.

25.03.2020

Die Tübinger Elite-Athleten angesichts einer Saison ohne professionelle Vorbereitung Bild: Ulrich Metz

Die Tübinger Elite-Athleten angesichts einer Saison ohne professionelle Vorbereitung Bild: Ulrich Metz

Dies hat auch eine immense Auswirkung auf die Tübinger Läuferinnen und Läufer. Olympia? Ungewiss. Sommersaison? Vielleicht. Training? Nicht mehr in großen Gruppen. Eine kleine Einschätzung der Sportler/innen und der Trainer.

Die Fallzahlen der Corona-Infizierten in Deutschland steigen täglich. Die Bundesregierung beschloss am Montag einschneidende Maßnahmen, um die weitere Ausbreitung zu verlangsamen. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten, die auf bestimmte Sportstätten angewiesen sind, können die Läuferinnen und Läufer des LAV Tübingen zwar weiterhin ihrem Training nachgehen, solange keine totale Ausgangssperre verhängt wird. Allerdings: Mehr als zwei Personen dürfen nicht zum gemeinsamen Trainingslauf in den Wald. So spüren auch die Athleten unmittelbar die Auswirkungen von SARS-CoV-2.

Robert Baumann und Hanna Klein waren gemeinsam mit anderen deutschen Spitzenathleten im Höhentrainingslager in Iten/Kenia. Im „Home of Champions“ wurden harte Trainingseinheiten absolviert. Sie versuchten, die Normalität des Trainingsalltages aufrecht zu erhalten, obwohl die Sommersaison ungewiss ist. Für Olympia-Anwärterin Hanna Klein steht ihr Saisonhöhepunkt mit den Olympischen Spielen in Tokyo auf der Kippe. Sollte eine Eindämmung des Virus nicht gelingen, muss das Großevent wohl abgesagt werden.

Robert Baumann kann der ganzen Situation etwas gelassener entgegensehen: „Man weiß aktuell nicht genau, für was man wie trainieren soll. Für mich persönlich ist das aber gerade irrelevant. Ich habe den Vorteil, dass ich noch sehr jung bin. Olympia war keine Option für mich. Aktuell ist es für mich wesentlich weniger schlimm als für die Langstreckler, mit denen ich hier in Kenia trainieren kann. Für sie ist schon klar, dass eine Saison ausfällt.“

Auch Hanna Klein versucht, das Beste daraus zu machen: „Hier in Kenia ist noch nichts von einer Pandemie zu spüren. Dennoch bin ich wirklich erschrocken über die rasante Entwicklung in Deutschland.“ Die Umstände haben die Mittelstrecklerin nun auch dazu bewogen, ihr Trainingslager zusammen mit einigen anderen Athleten frühzeitig zu beenden, um noch in die Heimat zurückkehren zu können.

Robert dagegen hat sich dafür entschieden, in Kenia zu bleiben. „In Deutschland bin ich eher ein Viren-Vermehrer. Also kann ich auch hier bleiben. Ich denke jetzt in einem Zwei-Jahres-Plan und hoffe auf einen guten Aufbau, sodass ich im Jahr 2021 trotz der Umstände von 2020 profitieren kann“, begründete der Jura-Student seine Entscheidung.

Auch seine Schwester Jackie Baumann, die aktuell in Deutschland trainiert, hat die Auswirkungen des Pandemieplans der Regierung zu spüren bekommen. Da Krafträume und Sportstätten nun geschlossen bleiben müssen, hat die Hürdenläuferin ihr Training teilweise in den Wald verlagert. „In solchen Zeiten sollte das Solidarische erstmal überwiegen. Die sportlichen Ziele müssen wir so lange versuchen auf den Wegen zu erreichen, die sich uns bieten. Das Wichtigste ist, sich nicht verrückt zu machen. Es ist erst Mitte März, ich hoffe weiterhin auf eine Sommersaison und darauf, dass sich die Situation bald bessert.“

Auch der Trainer der Senioren-Gruppe, Gerold Knisel, passte aus gegebenem Anlass seine Trainingsempfehlungen an: Alleine laufen oder maximal mit einem Laufpartner oder einer Partnerin – mehr ist seit Montag nicht mehr zugelassen. Auch den Kilometerumfang sollen seine Athleten, wenn möglich, etwas reduzieren. „Wir als Sportler haben eine Verantwortung in dieser Situation und sollten den Vorgaben der Regierung nachkommen“, sagte Knisel. Das Training könne ja weitergehen, dann halt individuell. Einige aus der Gruppe befanden sich bereits in Quarantäne.

Für niemanden sind die Auswirkungen der virusbedingten Einschränkungen einfach zu schultern, die Folgen und Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Bis dahin kann jeder Einzelne lediglich seinen Teil dazu beitragen, dass so schnell wie möglich wieder Normalität eintreten kann. Nur auf diese Weise besteht vielleicht noch die Chance, dass Tübinger Athleten im Stadion von Tokyo auf der Bahn stehen und noch in diesem Jahr Bestzeiten gebrochen werden. Und außerdem: Sport bereitet immer Freude, auch jenseits von Bestzeiten. Werner Bauknecht

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Erstellt:
25.03.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 58sec
zuletzt aktualisiert: 25.03.2020, 01:00 Uhr

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