Eine wundervolle Idee

Tübinger Typografien: Fritz Schimpf – Unterschrift als Marke

04.09.2019

Papier- und Schreibwarengeschäft Schimpf am Lustnauer Tor Bilder: Barbara Honner

Papier- und Schreibwarengeschäft Schimpf am Lustnauer Tor Bilder: Barbara Honner

Das familiengeführte Fachgeschäft für Papier- und Schreibwaren am Lustnauer Tor 1 wurde 1880 von Friedrich Schuler in der Münzgasse gegründet. Dieser verkaufte 1902 das Geschäft an seinen Neffen Fritz Schimpf, der zwei Jahre später an den heutigen Platz in das viergeschossige Eckhaus umzog und den Betrieb ausbaute.

Schnell ging das Eck als „Schimpfeck“ in den Sprachgebrauch der Tübinger ein. Fritz Schimpf senior starb 1920, woraufhin sein gleichnamiger Sohn 1925 die Geschäfte übernahm. Fritz Schimpf junior gehörte zu den Honoratioren Tübingens. Er war Stadtrat, Mitgründer der anthroposophischen Gesellschaft und engagiertes Mitglied des Bürger- und Verkehrsvereins Tübingen. Was wir heute an der Jugendstilfassade des 1892 als Wohnhaus errichteten Hauses am Lustnauer Tor sehen, ist die einwandfrei lesbare Unterschrift des 1979 Verstorbenen.

Sie ist als Wort-Bildmarke mit einer schönen Feder verziert zum Logo des Geschäfts geworden und hat bis heute (ohne Feder) als einzigartige und zeitgenössische Firmenaufschrift am prächtigen Schimpf-Altstadthaus überlebt.

Der Verkäufer edler Schreibgeräte steht bis heute mit seiner eigenen Unterschrift für das Erscheinungsbild der Firma und sorgt so für Wiedererkennung. Eine wundervolle Idee. Die Signatur ist zur Marke geworden, sie impliziert Lebensgeschichte, würdigt die Biografie des ehemaligen Inhabers und verkörpert das Traditionsbewusstsein eines Familienunternehmens in der fünften Generation.

Trotz zahlreicher Anpassungen und Retuschen verbergen sich hinter den berühmten Firmenlogos von Knorr (1838, Carl Heinrich Knorr), Kelloggs (1906, Will Keith Kellogg) und Disney (1923, Walt Disney) ebenfalls die Handschriften der Firmengründer. Barbara Honner

Unterschrift von Fritz Schimpf.

Unterschrift von Fritz Schimpf.