Der Kommentar

Ungefilterte Diffamierungen

15.09.2021

Von Angelika Brieschke

Die Argumente gegen Luftfilter in Schulen werden immer skurriler. Am vergangenen Samstag konnte man im TAGBLATT lesen, dass Tübingens Regierungspräsident Klaus Tappeser zur Bekämpfung von Corona-Viren in Klassenräumen mehr aufs traditionelle Lüften setze und vor Luftfiltern warne: „Die müssen gewartet werden, (...) Das kann ein Hausmeister nicht mal so eben, der braucht dann eine Ausbildung.“ – Eine Ausbildung, um einen Filter zu wechseln? Kann das sein?

Solche Behörden-Rhetorik gegen Luftfilter in Klassenzimmern ist keine Fürsorgemaßnahme. Nein, sie ist schlichtweg eine reine Kostenabwehr-Strategie.

Seit Monaten werden Luftfilter pauschal als zu laut, zu groß, zu kompliziert und manchmal sogar als gefährlich diffamiert. Wenn dem so sein sollte, dann stellt sich die Frage, wieso sie in schlecht belüftbaren Klassenzimmern dann doch wieder sinnvoll sein sollen und von staatlicher Seite finanziell gefördert werden. Welcher Hausmeister sorgt denn da für die Wartung?

Die Diskussion um Luftfilter krankt schon daran, dass darüber ohne jedwede Unterscheidung von Geräten und Anforderungen gesprochen wird. Das wäre, wie wenn man beim Thema „Heizung“ einfach sämtliche Nachteile von allen Heizungsarten zusammenwerfen und als Argumente gegen eine Heizung verwenden würde – also unabhängig davon, ob es sich um eine Öl- oder Solarheizung, eine Wärmepumpe oder eine Fußbodenheizung handelt.

Bei Luftfiltern und Luftreinigern gibt es eine beeindruckende Geräte-Palette. Da wäre es hilfreich gewesen, wenn eine Behörde sich mal der Sache angenommen hätte, mehrere Geräte untersucht und dann handhabbare Empfehlungen an die Schulträger erarbeitet hätte.

So was in der Art hatte ich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes eigentlich vom Kultusministerium oder gerne auch von der Abteilung „Marktüberwachung“ des Tübinger Regierungspräsidiums erwartet. Das wäre vorausschauende (Corona-)Politik gewesen. Stattdessen werden wir Eltern ständig mit unsinnigen Argumenten abgespeist und nun ist der Schulanfang ähnlich corona-unsicher wie der im vergangenen Jahr. Dabei haben wir alle noch in schauderhafter Erinnerung, wie der Corona-Winter und -frühling für unsere Kinder ausgesehen hat. Und man kann leider kaum hoffen, dass dieses Schuljahr ohne Schulschließungen stattfinden wird.

Ehrlich gesagt: Nach etlichen Jahren Schule aus Eltern(beirats)perspektive bin ich es leid, Schein-Diskussionen führen zu müssen, deren eigentliches Ziel es ist, zu verschleiern, dass für Bildung bei uns einfach kein Geld ausgegeben werden soll.

Zur Veranschaulichung: Die Lufthansa hat – mit knapp 138 000 Mitarbeitenden – wegen der Coronakrise 9 Milliarden Euro an Staatshilfe bekommen. Luftfilter in alle Klassenräume Deutschlands einzubauen, hätte maximal 2 Milliarden Euro gekostet. Wir haben über 10 Millionen Schülerinnen und Schüler. Angelika Brieschke