Der Kommentar

Uralte Themen leider noch aktuell

08.03.2023

Von Angelika Brieschke

Schreib doch was zum Frauentag“, meinte mein Kollege auf meine Frage, was ich denn heute an dieser Stelle hier kommentieren könnte.

Zum Internationalen Frauentag am heutigen 8. März? Ganz ehrlich – da fällt mir eigentlich gar nichts mehr ein. Es ist ja alles schon oft genug gesagt worden: Frauen in Deutschland verdienen merkwürdigerweise immer noch weniger als gleichqualifizierte Männer, alleinerziehende Mütter haben ein wahnsinnig hohes Altersarmuts-Risiko, immer noch ist es eher das Problem für Frauen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen (eindrucksvoll in der Corona-Pandemie mit Homeoffice und Homeschooling offengelegt), oben an der Karriereleiter sind immer mehr Männer, obwohl mehr Frauen die besseren Schul- und Uniabschlüsse haben, un(ter)bezahlte Care-Arbeit wird vor allem von Frauen geleistet, viel zu viele Frauen sind häuslicher Gewalt ausgeliefert und – besonders krass – jeden 3. Tag wird in unserem Land eine Frau von ihrem Partner ermordet.

Auf der anderen Seite fällt mir zu dem Thema viel zu viel und reichlich unsortiert ein: Zum Beispiel, dass nette, meist jüngere Kollegen den Frauentag gerne mal mit dem Muttertag verwechseln und völlig falsche Vorschläge machen, was man zu diesem Tag für die Zeitung schreiben könnte.

Oder der ältere Kollege, der im vergangenen Jahr zum TAGBLATT-Artikel über die damalige Tübinger Frauentags-Kundgebung die Überschrift „Protest gegen das Patriarchat auf dem Tübinger Marktplatz“ monierte. Mit der Aussage: „Wir leben hier nicht in einem Patriarchat. Das ist zu überzogen.“

Oder der Leserbriefschreiber, der reflexartig auf jedes Gender-Sternchen in unserer Zeitung reagiert, weil er sprachhistorisch nachweisen kann, dass es falsch ist, wenn eine Frau sich bei der männlichen Bezeichnung „Arzt“ oder „Friseur“, „Baggerfahrer“ oder „Lehrer“ nicht mitgemeint fühlt. Weil das ein generisches Maskulinum ist und damit irgendwie auch weiblich – stark verkürzt dargestellt.

Ganz ehrlich – über das Gender-Sternchen diskutiere ich tatsächlich auch nicht gerne.

Aber noch viel lieber wäre es mir, wir müssten über all das, was üblicherweise bei einem Internationalen Frauentag zur Sprache kommt, gar nicht mehr diskutieren.

Angelika Brieschke

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Erstellt:
08.03.2023, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 02sec
zuletzt aktualisiert: 08.03.2023, 01:00 Uhr

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