Arbeitgeber haften nicht

Urteil des Bundesarbeitsgerichts: kein Lohnanspruch bei Lockdown

Bei einem staatlich verfügten allgemeinen „Lockdowns“ zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorübergehend schließen, trägt der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls.

20.10.2021

Arbeitgeber haften nicht für den Arbeitsausfall ihrer Beschäftigten, wenn der hoheitliche Eingriff einer Behörde vorgibt, wegen der Coronapandemie zu schließen. Archivbild: Ulrich Metz

Arbeitgeber haften nicht für den Arbeitsausfall ihrer Beschäftigten, wenn der hoheitliche Eingriff einer Behörde vorgibt, wegen der Coronapandemie zu schließen. Archivbild: Ulrich Metz

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen. Das urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Die Beklagte betreibt einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör und unterhält in Bremen eine Filiale. Dort ist die Klägerin seit Oktober 2019 als geringfügig Beschäftigte gegen eine monatliche Vergütung von 432 Euro im Verkauf tätig. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund der „Allgemeinverfügung“ der Freien Hansestadt Bremen vom 23. März 2020 geschlossen. Deshalb konnte die Klägerin nicht arbeiten – und erhielt auch keine Vergütung.

Mit ihrer Klage hat sie die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs begehrt. Sie hat gemeint, die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung sei ein Fall des von der Beklagten als Arbeitgeberin zu tragenden Betriebsrisikos. Dagegen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die angeordneten Maßnahmen beträfen das allgemeine Lebensrisiko, das nicht beherrschbar und von allen gleichermaßen zu tragen sei.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat für den Monat April 2020, in dem ihre Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung unmöglich war, keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Der Arbeitgeber trägt auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden.

In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist – zu sorgen. Soweit ein solcher – wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021 – Aktenzeichen 5 AZR 211/21. TA

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Erstellt:
20.10.2021, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.10.2021, 01:00 Uhr

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