Der Kommentar

Verrat am Christentum

11.04.2018

Von Stefan Zibulla

Seit sich die Kirche unter Kaiser Konstantin von den Grundsätzen der Bergpredigt verabschiedet hat, hat sie fast nie einen Krieg verurteilt“, stellte Victoria Kropp von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) kürzlich auf einer Veranstaltung im Sudhaus fest. Mit dem Konzept des gerechten Krieges hat der Kirchenlehrer Augustinus militärische Gewalt im frühen fünften Jahrhundert sogar religiös legitimiert. Und pazifistische Strömungen haben sich in den großen Kirchen laut Kropp nie durchgesetzt.

Dass die heutigen Militärgeistlichen vor allem die Aufgabe haben, zum Funktionieren der Armee beizutragen, konnte Victoria Kropp nicht nur mit einem Zitat von Jochen Folz belegen. „Die Militärseelsorgerinnen und -seelsorger kümmern sich tatsächlich um die Menschen im Militär, damit sie ihren Auftrag besser ausführen können“, erklärte der Militärdekan 2016 in einem Interview mit dem Domradio. In seiner Botschaft zur Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes sicherte Papst Franziskus vor einem Jahr all denjenigen seine „Zuneigung“ und „väterliche Unterstützung“ zu, „die großherzig für ihre Brüder und Schwestern im Dienst an der Waffe eingesetzt sind“.

Jesus lehrte die Feindesliebe und lehnte bei seiner Verhaftung eine Verteidigung mit dem Schwert ab. Die Teilnehmer der Soldatenwallfahrt hätte er dazu aufgerufen, Sturmgewehre, Panzer und Tornados zu verschrotten und mit geistigen Waffen für den Frieden zu kämpfen. Denn sein Reich ist kein Teil einer Welt, die aus der Geschichte nichts gelernt hat und immer noch meint, Konflikte und Terrorismus mit Waffen bekämpfen zu müssen.

Die großen Kirchen sind ein Teil dieser Welt. Denn sie haben mit der Unterstützung von Kriegen und dem System der Militärseelsorge das Christentum verraten.