Weniger neue Lehrverträge

Wegen der Pandemie ist die Statistik nur bedingt aussagekräftig

In den Handwerksbetrieben der Region sind in diesem Jahr zahlreiche Lehrstellen unbesetzt geblieben. Zum 31. Oktober 2021 verzeichnete die Handwerkskammer Reutlingen 1757 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge, ein Minus von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

01.12.2021

Laut Handwerkskammer Reutlingen sei es ein gutes Signal, dass die Betriebe Nachwuchs suchten und ausbilden wollten. Bild: Daniel Ernst / fotolia

Laut Handwerkskammer Reutlingen sei es ein gutes Signal, dass die Betriebe Nachwuchs suchten und ausbilden wollten. Bild: Daniel Ernst / fotolia

„Es handelt sich um einen Rückgang, der unter den aktuellen Rahmenbedingungen durchaus hätte größer ausfallen können“, sagt Christiane Nowottny, Geschäftsbereichsleiterin Berufsausbildung, Prüfungs- und Sachverständigenwesen der Handwerkskammer Reutlingen.

Angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen bis hin zum Lockdown sei der statistische Vergleich mit Vorjahren ohnehin nur bedingt aussagekräftig. Die Ausbildungsexpertin nennt ein Beispiel: „Berufsmessen und Infotage an Schulen, bei denen Betriebe und Bewerber in Kontakt kommen, fanden praktisch nicht statt. Der Wegfall dieser bewährten Formate machte es beiden Seiten schwerer.“

Die Bilanz in den fünf Landkreisen des Kammerbezirks fällt uneinheitlich aus. In drei Kreisen liegt die Zahl der Neuverträge im Plus. Dazu zählt neben den Kreisen Freudenstadt (plus 4,3 Prozent) und Sigmaringen (plus 7,3 Prozent) auch der Kreis Tübingen. Dort wurden bislang 384 neue Lehrverträge geschlossen, eine deutliche Steigerung von 4,9 Prozent.

Ganz anders stellt sich die Situation im Kreis Reutlingen dar. Mit 544 neuen Auszubildenden stellen die Reutlinger Betriebe ein knappes Drittel aller Neuverträge. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von 14,2 Prozent. 2020 konnte noch ein ebenso großes Plus verzeichnet werden.

Solche Schwankungen seien im Handwerk keineswegs unüblich, so Nowottny. Die Ursache sei in der Betriebsstruktur zu finden. „Kleine Betriebe, die durchgehend einen Ausbildungsplatz besetzen, tauchen nur alle drei bis vier Jahre in der Statistik auf, obwohl sie regelmäßig ausbilden.“

Fest stehe, dass es für Handwerksbetriebe in den vergangenen Jahren schwieriger geworden sei, qualifizierte und motivierte Bewerber zu finden. Die Gründe seien vielfältig: sinkende Bewerberzahlen, der Trend zu höheren Schulabschlüssen und Studium und das mitunter angestaubt wirkende Image einzelner Berufe. „Corona hat die Lage am Ausbildungsmarkt verschärft, neu ist sie nicht“, erklärt Nowottny. Allen pessimistischen Erwartungen zum Trotz ist das Angebot an Lehrstellen im Handwerk unverändert hoch geblieben: „Die Betriebe suchen händeringend nach Nachwuchs. Corona hat sich auf die Ausbildungsbereitschaft nicht negativ ausgewirkt. Das ist ein gutes Signal.“ Nowottny verweist auf die Lehrstellenbörse der Kammer, die am Rechner oder per App genutzt werden kann.

Alle freien Lehrstellen sind unter www.hwk-reutlingen.de/ lehrstellensuche und mit der kostenfreien App „Lehrstellenradar“ abrufbar. TA