Der Kommentar

Wenn Rap nur noch peinlich ist

15.08.2018

Von Jürgen Spieß

Cool sein ist wirklich ein harter Job. Schauen wir uns bloß mal die Hamburger Hip-Hop-Band 187 Strassenbande an, die am Samstag beim Rottenburger Sommer-Open-Air auftritt: Fünf sehr coole und erfolgreiche Gangsta-Rapper, die, sobald man sie auf eine Bühne stellt, zu Königen der bösen Worte werden, deren Aussagen sich von denen ihrer Vorbilder aus den amerikanischen Rap-Ghettos nur in Bezug auf die Sprache unterscheiden.

187 Strassenbande rappen auf Deutsch und sie sind ganz offensichtlich wütend. Verdammt wütend. Bisher machten sie sich vor allem in jener Disziplin einen Namen, in der es darum geht, sexistische und menschenverachtende Texte zu verbreiten und der Gesellschaft den Mittelfinger zu zeigen. Nicht, dass sie die einzigen wären, die mit plumpen und pornographischen Ausdrücken nur so um sich werfen. Auch scheint es nichts Verwerfliches mehr zu sein, dass Gefängnisstrafen wegen Drogen- und Gewaltdelikten in der Szene fast schon zum guten Ton gehören. Entschuldigt wird das alles dann häufig damit, das sei eben Teil der Jugend-Subkultur.

Gewaltmetaphern und menschenverachtende Hasstiraden, von 187 Strassenbande so radikal und wild in die Welt geworfen, machten die Gangsta-Rapper zu einem der umstrittensten und meistgeliebten Acts der Hip-Hop-Szene. Und das hat Gründe. Denn schon seit einiger Zeit fühlen sich viele Kids von ihren Helden verlassen, seit immer mehr Kopfnicker statt mit den Underdogs mit den Charts und den Schwiegermüttern liebäugeln. Zudem sind die besten Tage des Deutsch-Raps wohl endgültig gezählt, und man könnte eigentlich um jeden Rapper froh sein, der wie etwa der erst am Wochenende in Tübingen auftretende Afrob offenen Auges durch die Welt geht und dennoch nicht nur von Herz, Schmerz und Nettigkeiten singt.

Doch was einmal wie eine Verheißung begann, Rap made in Germany, ist – zumindest im Fall von 187 Strassenbande – bloß noch eins: peinlich. Man wiegelt und bläht sich auf, man posiert, man disst Frauen. Honoriert wird das alles auch noch mit tosendem Beifall und ausverkauften Konzerten. Verkehrte Welt!

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Erstellt:
15.08.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 15.08.2018, 01:00 Uhr

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