Gute Vorbilder sein

Wie Schlafforschung Kindern helfen kann

Das Wissen um die Gesundheitsgefährdung von schlechtem Schlaf ist in den letzten Jahren dank umfangreicher Forschungen immer deutlicher im (medizinischen) Alltag angekommen. Das gilt auch für den Schlaf von Kindern und Jugendlichen.

01.04.2020

Dr. Mirja Quante forscht über Schlafprobleme bei Kindern und Jugendlichen. Bild: Uniklinikum

Dr. Mirja Quante forscht über Schlafprobleme bei Kindern und Jugendlichen. Bild: Uniklinikum

Die Auswirkungen von schlechtem Schlaf, so wissen Experten mittlerweile, sind spürbar in der geistigen und körperlichen Entwicklung von Kindern und in deren lebenslanger Gesundheit. Kinderschlafmediziner tragen dazu bei, den Schlaf von Kindern und Jugendlichen so gut wie möglich zu gestalten. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass sie sich gesundheitlich, sozial und geistig optimal entwickeln können. Über Schlaf und Schlafprobleme bei Kindern sprachen wir mit Dr. med. Mirja Quante, der Leiterin des Schlaflabors der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen.

Frau Dr. Quante, gibt es Zahlen darüber, wie viele Kleinkinder oder Schulkinder schlecht schlafen und deshalb tagsüber nicht optimal erholt sind?

Etwa 20 bis 30 Prozent der Schulkinder geben Schlafprobleme an, bei Säuglingen ist die Häufigkeit mit etwa 25 bis 50 Prozent sogar noch höher. Die Ursachen sind vielfältig. Teils äußert sich die daraus folgende Müdigkeit am Tage durch vermehrte Aktivität, sie wird dadurch überspielt. Das kann zu einer falschen Diagnose führen, weil das Verhalten der Kinder als hyperaktiv angesehen wird. So passiert es leider nicht selten, dass Kinder zur psychologischen Einschätzung statt ins Schlaflabor überwiesen werden.

Mit welchen Fragen und Krankheitsbildern sind Sie als Schlafmedizinerin in Ihrer täglichen Arbeit am häufigsten konfrontiert?

Eltern kommen zu uns, wenn ihre Kinder nicht gut einschlafen, nicht durchschlafen oder tagsüber sehr müde sind. Aber auch wenn Schnarchen oder gar Atemaussetzer beobachtet werden, was bei ein bis vier Prozent der Kinder unter 12 Jahren der Fall ist. Seltenere Fragestellungen sind Beinbewegungen in der Nacht, Schlafwandeln oder Nachtschreck.

Wie kommen Kinder mit der Untersuchung im Schlaflabor klar?

Erstaunlich gut. Kinder passen sich gut den Gegebenheiten, den neuartigen Geräten und Geräuschen im Labor an, finden das sogar spannend – und danach aber trotzdem in einen guten Schlaf. Gelegentlich untersuchen wir auch Erwachsene. Die tun sich da oft schwerer. Die schwierigste Patientengruppe sind die Zweijährigen, da man ihnen die Situation noch nicht erklären kann, sie aber schon einen guten Eigenwillen haben. Hier hilft vor allem die Anwesenheit durch die Eltern.

Tablet statt einer Gute-Nacht-Geschichte – ist das schon häufig Realität in Deutschland?

Anlass zur Sorge besteht hauptsächlich für die Altersgruppe ab 12 Jahre. Der allgemein übliche abendliche Handykonsum bis ins Bett oder sogar in der Nacht führt zu einer vermehrten Tagesmüdigkeit. Teenager schlafen ohnehin meist zu wenig. Das liegt daran, dass sie in dieser Phase ihres Lebens meist zum spätesten Chronotypen gehören, also erst spät müde sind und einschlafen können. Morgens wird ihr natürliches Schlafbedürfnis dann zu früh durch den Wecker beendet, weil die Schule startet. Gegensteuern ließe sich hier durch möglichst viel Tageslicht, was man sogar über spezielle Tageslichtlampen zuführen kann, oder konsequente Schlafrituale – ohne Handy. Das blaue Licht der Displays ist der Feind der Müdigkeit.

Einen großen Einfluss auf die Schlafqualität der Kinder hat alles, was am Tag positiv oder negativ erlebt wird. Unterstützt Schlaf die Verarbeitung von Emotionen?

Es ist bekannt, dass es eine komplexe Verbindung unserer Emotionen zum Schlaf gibt – insbesondere in der Kindheit können emotionale Erlebnisse den Schlaf beeinflussen, zum Beispiel in Form von (Alb)-Träumen. Es gibt eine neue Studie, die nachweisen konnte, dass der Nachtschlaf Kindern hilft, emotionale Erlebnisse besser abzuspeichern und besser zu bewältigen.

Was können Eltern richtig machen, um ihren Kindern zu gutem und gesundem Schlaf zu verhelfen?

In erster Linie gute Vorbilder sein. Indem sie Schlaf zu etwas Wichtigem machen, den Kindern erklären, dass Schlaf sie gesund, stark und schlau macht. Sie sollten auch Vorbilder im Umgang mit Handynutzung – gerade am Abend – sein. Weiterhin können sie für eine schöne Schlafumgebung und Schlafrituale sorgen, die die Kinder gern haben. TA

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Erstellt:
01.04.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 01.04.2020, 01:00 Uhr

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