Großverein im Ausnahmezustand

Wie die TSG Tübingen mit Corona zurechtkommt: Mitglieder bleiben bei der Stange

Seit mehr als einem Jahr geht kaum etwas im Sportbereich. Mitte 2020 konnte man kurz durchatmen und Hoffnung schöpfen – dann wurde alles dicht gemacht.

21.04.2021

Auf beeindruckende Shows der Kunstturnerinnen wie jene bei der TSG Gala muss man weiterhin warten. Der Verein bemüht sich um Angebote zum Überbrücken der Pandemiezeit. Bild: Ulrich Metz

Auf beeindruckende Shows der Kunstturnerinnen wie jene bei der TSG Gala muss man weiterhin warten. Der Verein bemüht sich um Angebote zum Überbrücken der Pandemiezeit. Bild: Ulrich Metz

Das Ehrmann Sportzentrum auf dem TSG-Gelände bietet eine Sporthalle, eine Bewegungslandschaft („Salto“), einen Kurs- und Seminarraum und eine Außenspielfläche. Perfekt also, um sich den unterschiedlichsten Sportarten zu widmen, außerdem bietet die Anlage altersübergreifend für jede/n etwas. Zumindest theoretisch. Eine Tatsache ist allerdings, dass das Sportzentrum erstmals nach fünf Jahren eine geringere Nachfrage erfährt.

Denn nur zu Beginn des Jahres 2020 war die normale Nutzung möglich, eingeschränkt konnte dann zwischen Juni und Oktober gesportelt werden. Danach war wieder so gut wie Schluss mit dem Betrieb. Dabei haben die TSGler einiges unternommen, um die Hygienevorschriften mehr als zu erfüllen.

Auch der Kletterbetrieb konnte teilweise nicht in vollem Umfang aufrecht erhalten werden. Immerhin: Trotz abgespeckter Zulassung reduzierten sich die Besucher zwischen April 2020 und Oktober nur um etwa 600 Zutritte. Ein Highlight des TSG-Angebots sind seit Jahren die Sportcamps. Im Jahr 2020 waren immerhin 15 dieser Camps geplant.

Der Plan für das Jahr sah 1200 Teilnehmer/innen vor. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Teilnahmen von Kindern mit Teilhabe-Berechtigungen. 77 berechtigte Kinder konnten bei den Camps mitmachen. Über das Jahr passte der Verein immer wieder seine Hygienekonzepte an, um so viele der Camps wie möglich zu schaffen. Dennoch konnten statt der geplanten 1240 nur 518 Kinder mitmachen. „Zumindest in ideeller Hinsicht hat sich der Aufwand gelohnt“, heißt es von TSG-Seite. Kostenintensiv waren dagegen die Hygienemaßnahmen.

Die Kindersportschule (KiSS) der TSG musste pandemiebedingt einen herben Rückschlag hinnehmen. So war KiSS insgesamt sechs Monate lang geschlossen. In den restlichen Monaten unterlag sie strengen Coronavorschriften. Auch organisatorisch musste der Verein Rückschläge hinnehmen. Nicht zuletzt musste die Mitgliederversammlung 2020 komplett ausfallen. So wurden Vorstandswahlen ins Jahr 2021 verschoben. Doch der Verein ließ sich nicht unterkriegen. Nicht zuletzt über ihr Online-Angebot konnten die TSG ihre Mitglieder erreichen.

Das erste Pilot-Projekt entwickelte Christiane Herbst. Da konnten die Kunstturnerinnen vor dem Bildschirm trainieren. Oliver Lapaczinski startete das Projekt offiziell im November 2020. Der Zulauf wird stets größer. Über 200 Haushalte machen inzwischen von Montag bis Donnerstag in verschiedenen Zoom-Meetings mit.

„Erstaunlich ist auch der relativ hohe Zuspruch durch Menschen der Generation Ü70“, wie Lapaczinki verriet. Für die TSG-Minis für Kinder ab 2 Jahren werden regelmäßig Mitmach-Videos auf Youtube oder Facebook veröffentlicht. Es gibt aber auch das Angebot „Fit ins Wochenende“, in dem sogar das „Wohnzimmer-Zumba“ auf dem Programm steht. 15 Kinder konnten sogar ihre Karate-Prüfungen ablegen. Und das in einer Präsenzprüfung. An zwei Tagen im Ehrmann-Zentrum gab man ihnen die Gelegenheit, geübt wurde viel mit Videos zu Hause.

Fatal war Corona für die Fußballabteilung. Die Aktiven hatten gerade jahresübergreifend nur eines von zehn Spielen verloren, bei den Stadtpokal-Turnieren sahnten sie sechs von sieben möglichen Titeln ab. Dann kam Freitag, der 13. März, und mit ihm die zunächst vorläufige Absage des Spielbetriebs. Zwar konnten die Spieler noch mal in den Trainingsbetrieb einsteigen – unter Corona-Bedingungen natürlich –, doch letztlich wurde die Saison abgebrochen.

Klar, die erste Mannschaft blieb sicher in der Verbandsliga, für die zweite sah es anders aus: Sie war Tabellenzweiter und hatte nicht mehr die Chance, in die Bezirksliga aufzusteigen. So setzten alle, Aktive und Jugendmannschaften, auf die Saison 2020/21. Doch auch da kam zügig das Ende. Der 24./25. Oktober war das letzte Wochenende, an dem gespielt wurde. Dann ging es in den Lockdown, und monatelang gab es keinen Fußball mehr.

Die TSG-Trainer boten Online-Training mit der TSG-Fußballschule an. Die Aktiven zeigten in Clips kleine Trainingsinhalte. Auch die erste Mannschaft nahm seit November am digitalen Training teil. Immer dienstags um 19 Uhr trafen sich die Spieler vor den Bildschirmen zu den Übungen. Die Einheiten sind höchst intensiv. Aber nicht nur darum geht es: Auch das soziale Miteinander bleibt wichtig. Und dahinter steckt die Hoffnung, dass man „möglichst bald in der Kabine wieder dumme Sprüche um die Ohren hauen“ kann, wie Aktivenspieler und Jugendtrainer Jonas Frey meint.

Hart erwischt hat es auch die Lacrosse-Abteilung. Seit einem Jahr konnte sie keinen Schläger mehr schwingen. So verbrachte sie ihre Zeit mit Alternativsport wie Joggen, Radeln oder Workouts. Das Damen-Team indes macht regelmäßig bei „Online-Fitness-Dates“ mit. Erlaubt ist: Sich in Zweierteams treffen und Schusstechniken einüben. Die Volleyballer sind ebenfalls in Wartestellung – bei ihnen endete die Saison bereits nach dem ersten Spieltag wieder.

Erfreulich für die TSG: Die Mitglieder – es sind insgesamt rund 2650 – halten treu zum Verein. Das ist das Pfund, mit dem dieser wuchern kann, wenn die Pandemie endlich zu Ende ist. Werner Bauknecht

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Erstellt:
21.04.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 21.04.2021, 01:00 Uhr

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