Statt Abriss Gebäude erhalten

Zerstörung und Abtransport von Baumaterial ist nicht mehr zeitgemäß

Der Bund Deutscher Architekten sowie sämtliche Präsidiumsmitglieder gehören zu den Erstunterzeichnern eines Offenen Briefes an die Bundesbauministerin Klara Geywitz, der im vergangenen September veröffentlicht wurde.

29.03.2023

55 Prozent des deutschen Abfalls sind Bau- und Abbruchabfälle. Archivbild: Anne Faden

55 Prozent des deutschen Abfalls sind Bau- und Abbruchabfälle. Archivbild: Anne Faden

Hier ist der Wortlaut des Briefes (in Auszügen):

„Sehr geehrte Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

In Deutschland entstehen jedes Jahr 230 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle, was 55 Prozent des gesamten deutschen Abfalls ausmacht. Zudem sagt der aktuelle Emissionsbericht des Umweltbundesamtes: Deutschland ist nicht auf Kurs, seine Klimaschutzziele zu erreichen. Der Gebäudesektor hat zum zweiten Mal in Folge sein Emissionsminderungsziel verfehlt.

Heute, wo die Klimaerwärmung spürbar, die Energieversorgung unsicher und die planetaren Grenzen erreicht sind, ist nicht der Erhalt von Gebäudestrukturen erklärungsbedürftig, sondern ihr Abriss. Die Zerstörung und der Abtransport von brauchbarem Baumaterial auf die Deponie ist nicht mehr zeitgemäß.

Wir fordern ein Abriss-Moratorium: Statt Abriss und Neubau stehen wir für Erhalt, Sanierung, Umbau und Weiterbauen im Bestand. Jeder Abriss bedarf einer Genehmigung unter der Maßgabe des Gemeinwohls, also der Prüfung der sozialen und ökologischen Umweltwirkungen.


Ein Abriss-Moratorium:

aktiviert die großen Potenziale im Bestand und bereits versiegelter Flächen für die Schaffung der von Ihnen avisierten 400 000 neuen Wohnungen jährlich. Erhalt, Sanierung, energetische Verbesserung, aber auch Aufstockungen, Erweiterungen und die Anpassung an zukünftige Nutzungsanforderungen sind konstruktive Antworten auf die Wohnungsfrage.

nutzt den Gebäudebestand als wirksames Mittel gegen Energie- und Klimakrise. Es bewahrt und verwendet die im Material gespeicherte graue Energie. Außerdem vermindert es den Bedarf an energieintensiven und klimaschädlichen Baustoffen wie Beton und Stahl.

ist ein Schritt zur Kreislaufwirtschaft. Statt Abriss fördert es die Etablierung von Infrastrukturen für die Wiederverwendung von Bauteilen. In der zirkulären Stadt bedarf es schließlich keiner Deponie mehr.

verhindert Gentrifizierung und Verdrängung in Ballungsräumen, die mit Abriss und Neubau oftmals einhergehen, und begegnet so sozialen Spannungen.

ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformation. Es steht für die Wertschätzung von Pflege und Reparatur des Bestehenden in seinem ganzen baukulturellen und geschichtlichen Reichtum.

Die Politik muss dafür klare regulatorische Rahmenbedingungen schaffen.“

TA


www.abrissmoratorium.de