Der Kommentar

Zum Wegwerfen zu schade

13.12.2017

Von Angelika Brieschke

Eine der zeitraubendsten Tätigkeiten im privaten Haushalt ist die Entsorgung von nicht mehr Gebrauchtem. Zumindest dann, wenn man nicht einfach alles bedenkenlos in die Restmülltonne drücken möchte. Wohin mit den noch tragbaren Kleidern, aus denen man überraschenderweise hinausgewachsen ist? Wohin mit Tassen, Tellern, Vasen und Milchkännchen, deren Design man nach jahrelangem Besitz beim besten Willen nicht mehr ertragen kann? Wohin mit den Staubsaugerbeuteln zu dem Gerät, das leider vorgestern den Geist aufgegeben hat?

Da ist man dankbar für Abgabestellen, die eben nicht nur Kleider oder nur Bücher oder nur Kinderkram annehmen, sondern das alles und noch viel mehr: all die unterschiedlichen Dinge eben, die in einem Haushalt anfallen. Solche Stellen sind zum Beispiel die Umsonstläden, die nur mit dem Engagement vieler Freiwilliger funktionieren. Auf dieses Angebot verweist die Stadt Tübingen gerne, zum Beispiel prominent an erster Stelle in ihrem Faltblatt „Zum Wegwerfen zu schade“.

Eine andere tolle Möglichkeit, brauchbare Altdinge loszuwerden, sind die stark besuchten Warentauschtage, auf die die Stadt Tübingen irritierenderweise seit Jahren verzichtet. Warentauschtage seien „nicht mehr zeitgemäß“ erklärte mir auf meine Nachfrage der zuständige städtische Mitarbeiter. Das hat sich offensichtlich bis heute nicht in der Region herumgesprochen. Rottenburg, Kusterdingen, Hirrlingen, Herrenberg und Reutlingen veranstalten unverdrossen Jahr für Jahr ihre Tauschtage. Herrenberg und Reutlingen sogar zwei Mal jährlich und beide Städte haben schon ihr 50. Mal hinter sich.

Dass ausgerechnet das grüne Tübingen auf diese geniale Möglichkeit, Müll zu vermeiden, verzichtet, habe ich bis heute nicht verstanden. Und immer, wenn ich auf einem Warentauschtag zwischen den Besuchern schier zerdrückt werde, überlege ich mir, was genau die Stadt mit der Aussage „nicht mehr zeitgemäß“ eigentlich gemeint haben könnte. – Ich komm‘ nicht drauf.

(siehe auch „Immer gut genutzt“ auf Seite 6)