Der Kommentar

Balance zwischen Regen und Sonne

19.07.2017

Von Martina Fischer

Juli: Klingt im Wind ein Wiegenlied; Sonne warm herniedersieht; seine Ähren senkt das Korn; rote Beere schwillt am Dorn; schwer von Segen ist die Flur – junge Frau, was sinnst du nur?“ Dieses Gedicht widmete einst der deutsche Schriftsteller Theodor Sturm einst dem siebten Monat des Jahres.

Heumonat nannten die alten Deutschen den Juli. Der Geruch von Kamille, Kornblumen, von geschnittenem Gras und Klee steigt einem auch heute noch in die Nase, wenn man die Asphaltstraßen und Häuserzeilen der Städte hinter sich lässt. Mit Sichel, Sense und Rechen wurde das hochgeschossene Gras in duftendes Grummet (Grünmahd) verwandelt. Flink ausschlagende Maschinenbeinchen drehen und wenden es in der Sonne, bis die vielen Millionen ausgedörrter Hälmchen, zu einem herrlich weichem Berg aufgetürmt, im schwankenden Wagen zum Scheunentor hineinfahren.

Im hochsommerlichen Juli ist bei uns der Regen unbeliebt. Das Korn soll reifen: „So golden die Sonne im Juli strahlt, so golden sich der Roggen mahlt“. „Aber, wenn Juli fängt mit Tröpfeln an, wird man lange Regen han“. „Der Juliregen nimmt den Erntesegen“, und „regnet’s zum Juli heraus, so guckt der Bauer nicht gern aus dem Haus“. Die Julisonne arbeitet für „zwei“. Ab und zu nur darf Petrus einen schmalen Spalt der Wolkenschleusen öffnen, damit die goldene Fülle nicht durstig das Haupt senkt.

Im Lüneburgischen fanden vor langer Zeit die Bauern ein probates Mittel heraus, sich vor allzu großer Dürre im Juli zu schützen. Sie hatten lange beobachtet, dass ein biederer Gasthofbesitzer im Städtchen ständig Wetterpech mit seinen Sommerkonzerten hatte. Kaum packten die Bläser und Fiedler ihre Instrumente aus, trommelten dicke Regentropfen aufs Pflaster. Wenn Petrus nun einmal ganz und gar das Regnen vergaß, sagte man: „Der Regen will gar nicht her, Jochen Fiedelbier soll ein Konzert ausrichten“, und tatsächlich soll es dabei nur so geplätschert haben.

Ein altes Sprichwort heißt: Beobachte, was früher war, dann weißt du, was kommen wird. Manchmal sagen es einem aber auch die Vögel: Soviel Mal die Wachtel im Juli anschlägt „Sechs Paar Weck! Sechs Paar Weck!“, so viele Gulden kostet in diesem Jahr der Scheffel Dinkel.

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19.07.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.07.2017, 01:00 Uhr

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