Zoff auf der Neckarbrücke

Beim 2. Tübinger City-Triathlon ist die Olympia-Nominierung ein großes Thema

1500 Starter waren beim 2. Mey Generalbau City-Triathlon dabei. Einige davon offenbarten im Zielbereich, dass die Nominierung für Olympia das deutsche Team weit gespalten hat.

27.07.2016

Einmal in Rage wollte sich Rebecca Robisch im Zielbereich des Tübinger City-Triathlons gar nicht mehr beruhigen. Gerade war die 28-Jährige auf Platz 13 ins Ziel gelaufen und hatte ihrem Ejot Team TV Buschhütten damit die deutsche Meisterschaft gesichert. Doch dann war da eben auch noch dieses Thema, das Robisch so ins Mark trifft: die Nicht-Nominierung für Olympia. „Alle, die mir dieses Erlebnis versaut haben, sollten sich Gedanken machen, warum sie einer Sportlerin den Spaß an ihrer Sportart nehmen“, sagte Robisch.

Die Olympia-Norm hatte von den deutschen Frauen und Männern nur Anne Haug geschafft. Die Deutsche Triathlon-Union (DTU) schlug neben Haug aber dennoch Laura Lindemann und Anja Knapp noch zur Nominierung vor. Und das, obwohl auf der sogenannten „Olympic Qualification List“ des Weltverbandes ITU Robisch als 19. die beste Deutsche ist. Lindemann ist auf Platz 65 sogar nur die sechstbeste Deutsche, hat aber nachträglich neben Haug das Olympia-Ticket erhalten.

Anja Knapp, die Olympia ebenfalls verpassen wird, kann Robischs Einklageversuch nicht nachvollziehen. „Keiner versteht das!“, sagte Knapp, die in Dettingen/Erms wohnt, am Rande des Tübinger Triathlons. Der „Zickenkrieg“ offenbart, dass es im deutschen Team kräftig rumort. Knapp jedoch sucht die Schuld auch bei den Athletinnen selbst. „Wir waren einfach nicht gut genug!“, sagte die 27-Jährige offen. Robisch sei zwar über die letzten beiden Jahre konstant gewesen, was die Platzierung in der „Olympic Qualification List“ erklärt. „Aber in Rio kommt es vor allem auf die Tagesform an“, sagte Knapp.

Auch Steffen Justus muss in Brasilien zuschauen. Der Vize-Weltmeister von 2010 lief in Tübingen auf den zweiten Platz. Von den deutschen Männern ist keiner in Rio dabei, Justus steht aber ganz oben auf der Nachrückerliste.

Aber: „Das war in den letzten Wochen ein ewiges Hin- und Her, da wurden die Athleten auch schlecht informiert.“ Er selbst sei mal davon ausgegangen, in Rio starten zu können. Dann folgte wiederum das Veto. „So geht das nicht, auch mental!“, sagte Justus. Und dennoch würde er im Falle einer kurzfristigen Nominierung in den Flieger sitzen. Durch das russische Teilaus könnten auch im Triathlon fünf weitere Startplätze frei werden. Bei den Frauen würde dann die Dettingerin Knapp starten dürfen. „Und irgendwie müssen die ja nominieren“, sagte Knapp. Die findet, dass Robisch wenn, dann schon vor zwei Jahren hätte klagen müssen. „Denn da kannte sie ja schon die Nominierungskriterien“, sagte die 27-jährige Knapp.

Robisch wird in Rio aber zuschauen. Und auch Hanna Philippin, die wie Robisch und Olympia-Starterin Laura Lindemann für das Buschhütten-Team aus Westfalen startet. Doch die 23-jährige Böblingerin Philippin, die sich selbst als „Sonnenschein“ des Teams beschreibt, sitzt das Olympia-Aus erstaunlich gelassen – obwohl sie auf der „Olympic Qualification List“ als zweitbeste Deutsche auf Platz 28 geführt wird. Aber sie sagt: „Es bringt doch nichts sich aufzuregen.“ Sie könne doch sowieso nichts ändern. Philippin lächelte dabei, dieser Olympia-Zoff hält sie nicht auf, Erfolge wie den Bundesliga-Meistertitel zu feiern. Mit einer Stocherkahn-Fahrt wollte das Buschhütten-Team am Sonntagabend die Saison abrunden.

Rebecca Robisch wird danach nicht mehr zurückkommen. Sie hört auf, mit 28 Jahren. „Ich hab’ die Schnauze voll davon“, sagte sie. „Ich kann und will niemand mehr sehen, der etwas mit dem Triathlon zu tun hat.“ Zu tief hat sie das Olympia-Aus getroffen. Die Ausbootung hat das Verhältnis zu den Offiziellen und anderen Athletinnen schwer belastet. Die Spiele in Rio sollten ihr großes Highlight werden, „doch es wurde mir einfach genommen“, klagte die 28-Jährige. Und sie wird, das wurde im Ziel von Tübingen deutlich, noch Zeit brauchen, um das zu verarbeiten. Moritz Hagemann

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Erstellt:
27.07.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 27.07.2016, 01:00 Uhr

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