Puristischer Liebesakt

Das Grupo Sal Duo präsentiert ihr Debütalbum „Porto La Plata“

Astor Piazolla hat den Tango zur Kunstmusik gemacht. Das Grupo Sal Duo befreit ihn von seinen festen Strukturen: Der Portugiese Fernando Dias Costa und der Argentinier Anibal Cicilotti sind Mitglieder der international agierenden Band Grupo Sal aus Tübingen. Nun haben die Beiden als Duo-Besetzung ihr erstes Album unter dem Titel „Porto La Plata“ veröffentlicht, das sie heute Abend im Sudhaus vorstellen.

26.07.2017

Fernando Dias Costa (links) und Aníbal Civilotti sind das Grupo Sal Duo. Bild: Jürgen Spieß

Fernando Dias Costa (links) und Aníbal Civilotti sind das Grupo Sal Duo. Bild: Jürgen Spieß

Grupo Sal, das sind eigentlich sechs Musiker aus Chile, Argentinien, Portugal und Deutschland, die durch zahlreiche Konzertlesungs-Programme mit dem vor drei Jahren verstorbenen Schauspieler Dietmar Schönherr und dem aus Nicaragua stammenden Dichter und ehemaligen Kulturminister Ernesto Cardenal bekannt geworden sind. Dass auch der kleine Ableger davon, das Grupo Sal Duo, musikalisch einiges drauf hat, zeigen der Tübinger Sänger Fernando Dias Costa und der in Mannheim lebende Gitarrist Anibal Civilotti auf ihrem neuen Album „Porto La Plata“. In den zwölf Liedern, die von unterschiedlichen Musikern komponiert wurden, interpretieren der Sänger und der Gitarrist individuelle Melodien, vereinen zeitgenössische Latin- und Tangomotive mit der karibischen Heiterkeit der Sones, aber auch mit der legendären Melancholie des portugiesischen Fados.

Mal fließen die zwölf Songs geradezu befreit dahin, dann wieder erinnern sie an den Sound globaler Metropolen und die Vitalität Lateinamerikas. Gleich der erste Zumba-inspirierte Song „La pomena“ geht sofort ins Ohr und setzt auf Ausstrahlung und musikalische Qualität. Jedes Stück ist ein sorgfältig arrangiertes kleines Kunstwerk für sich, unterscheidet sich vom vorhergehenden in Rhythmus, Tempo und Dynamik. Die musikalische Reise durch Mittel- und Südamerika bis nach Portugal lebt von der Spannung unterschiedlicher Rhythmen, Farben und Atmosphären, sowie von der Dichte und Aktualität ihrer Songtexte. Neben der in Jahrzehnten gewachsenen Virtuosität der beiden Musiker bei Grupo Sal ist besonders die hörbare Hingabe an die Musik das Faszinierende an diesem Duo.

Es ist gerade die Mischung aus seeliger Melancholie und selbstvergessener Ekstase, mit der Dias Costa und Civilotti sich den Zutritt zu den Seelen ihrer Hörer verschaffen. Dann wieder ist ihre Musik die perfekte Umsetzung purer Sehnsucht, die aus der Einsamkeit kommt und sich langsam vortastet, verweilt, nachspürt, sich treiben lässt. Es ist ein Zusammenspiel, das immer pendelt zwischen inneren Bildern selbstbezogener Fantasie und dem Sog der Synthese, die aus der Begegnung entsteht. Doch wenn die Gemeinsamkeit an eine fast schmerzvolle Grenze gerät, lösen die Beiden die Struktur unvermittelt auf und nehmen sich das Recht, wieder in ihre eigene Welt zu sinken: schwebend, nachdenklich, klagend oder jubilierend.

Das Alles präsentiert das Grupo Sal Duo im besten Sinne kulturübergreifend und mit seeliger Leidenschaft, aber an den richtigen Stellen auch mit einer Spur von Melancholie, dem Wissen um die Schattenseiten des Lebens. Die musikalische Mission dieses Duos ist mit diesem Album hoffentlich noch längst nicht zu Ende. Denn gemeinsam hält man sich an das, was „Tango“ übersetzt bedeutet: „Ich berühre.“ Jürgen Spieß

Das Grupo Sal Duo
präsentiert ihr neues Album heute, 26. Juli, 19.30 Uhr in der Sudhaus-Peripherie.

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Erstellt:
26.07.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 26.07.2017, 01:00 Uhr

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