Jazzfreunde machen mobil

Die 18. Jazz & Klassiktage finden vom 15. bis 23. Oktober in Tübingen statt

Aus der Zahl der Konzerte geht es deutlich hervor: Tübingen ist keine Jazzstadt mehr. Nur einmal im Jahr ist das für neun Tage anders, dann nämlich, wenn die Jazz & Klassiktage stattfinden.

28.09.2016

Die 18. Jazz & Klassiktage finden vom 15. bis 23. Oktober in Tübingen statt

Tübingen. Der „Jazz & Klassik Tage e.V“ ist alles andere als ein normaler Verein. Er hat gerade mal vier, fünf aktive und nicht viel mehr als 20 passive Mitglieder und wenn man es genau nimmt, besteht er einzig und allein aus einer verrückten wie bestechenden Idee.

Vor 18 Jahren fanden sich nämlich ein paar Tübinger Musiker und Musikenthusiasten beim ehemaligen „Brio“- und heutigen „Stern“-Wirt Bruno Gallo zusammen, um – zumeist schon vorhandene – Kräfte der Szene neu zu bündeln. So ist aus einer winzigen Keimzelle ein erfolgreiches Jazz- und Klassikfestival entstanden. Ein Festival mit in diesem Jahr 60 Konzerten an neun Tagen bei einem Gesamtbudget von knapp 45 000 Euro. Erfolgreich auch deswegen, weil der Schuldenberg, der in den ersten Jahren kontinuierlich höher wurde, komplett abgetragen wurde und mit der Kreissparkasse Tübingen ein finanzkräftiger Sponsor mit im Boot sitzt. Programm-Macher Sven Gormsen bringt es auf den Punkt: „Ohne unseren Hauptsponsor gäbe es die Jazz & Klassiktage heute vermutlich nicht mehr.“

Auch die hiesigen Handel- und Gewerbetreibenden ziehen größtenteils mit. Und das nicht nur, indem der Einzelhandel durch Anzeigen viel beiträgt. Zudem schießt die Stadt rund 15 000 Euro zu. Dieses Jahr findet das Festival, das etwa 30 Prozent Klassikkonzerte im Programm hat, zum 18. Mal statt. Und wie das zuweilen bei wiederkehrenden Veranstaltungen ist, die in die Jahre kommen: Man überlegt, was man besser machen könnte und sucht neue Ideen zu entwickeln. Koordinator Sven Gormsen („Nicht ich bin der Festivalmacher, sondern die Veranstalter“) würde sich zum Beispiel wünschen, dass sich die Uni mit ihren Räumen mehr am Festival beteiligt. Neu ist in diesem Jahr die Reihe „Aperos“, ein Angebot nach Feierabend, bei dem Jazzhörer ihren Aperitif in verschiedenen Lokalen zu entspanntem Lounge-Jazz schlürfen können.

Zur Freude der Veranstalter trafen die Konzerte in der Vergangenheit überwiegend die Geschmäcker des Publikum und sie waren häufig gut besucht. Rund 9000 Besucher kamen im letzten Jahr und auch die Einbindung hiesiger Handel- und Gewerbetreibender hat sich bewährt. Bei der Ganztages-Veranstaltung „Beswingt einkaufen!“ zum Auftakt am 15. Oktober spielen kleinere Jazzformationen in Tübinger Geschäften und Passagen. Die Einzelhändler bezahlen die Gagen und räumen den Musikern den nötigen Platz für ihren Auftritt ein. Dennoch: Längst sind die Jazz & Klassiktage, die lediglich das Dach für verschiedene Musikveranstalter bieten, an der Grenze der Leistungsfähigkeit angekommen.

Dieses Jahr wurde dem Prinzip, regionalen Musikern und Eigengewächsen eine Plattform zu bieten, besonders großen Raum eingeräumt: „Ein bewährtes Rezept“, das auch in Zukunft verfolgt werden soll. Zwischen Jazzklassikern, Kammermusikalischem, Kaffeehausmusik, Klezmer, Experimentellem, Bigbandsounds und Latin-Rhythmen wird einiges geboten: Jazz für Kinder, ein Jazzbrunch, Seeräuberswing, Singen für alle und Jamsessions gehören ebenfalls dazu. Natürlich kommen auch wieder international renommierte Musiker zum Zuge. Am 22. Oktober gastiert die 87-jährigen Jazzvokalistin Sheila Jordan mit vier deutlich jüngeren „Ladies“ im Sparkassen Carré. Die US-Sängerin lernte Jazz durchs Hören und stand als Autodidaktin mit den Legenden des Genres – von Thelonius Monk, Sonny Rollins, Charlie Parker, Max Roach bis zu den modernen Stars wie Steve Swallow – auf der Bühne.

Weitere Höhepunkte sind das Eröffnungskonzert mit dem Joe Haider Jazz Orchestra und der Auftritt des 84-jährigen Trompeters Dusko Goykovich mit der Wüste Welle Big Band (22. Oktober). Um eine noch bessere Anbindung zu Tübinger Geschäften und Bewohnern zu schaffen, werden einige Konzerte tagsüber stattfinden. Und auch kleinere sowie außergewöhnliche Veranstaltungsräume sollen wieder mit einbezogen werden. Jürgen Spieß

Ausführliche Informationen zu den einzelnen Konzerten finden sich in dem prall gefüllten Programmheft und unter www.JazzKlassikTage.de

Festivalmacher Sven Gormsen

Festivalmacher Sven Gormsen

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Erstellt:
28.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 28.09.2016, 01:00 Uhr

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