Piano brachial

Die Wunder-Pianistin „Vika goes wild“ kommt ins Sudhaus

Sie verpasst hartem Metal ein neues Pianogewand: Zwischen Klassik und Hardrock balanciert die Musik der Ukrainerin Viktoriya Yermolyeva, die unter dem Künstlernamen „Vika goes wild“ zum Youtube-Star avancierte und am 15. Dezember ins Sudhaus kommt.

07.12.2016

Die Ukrainerin Viktoriya Yermolyeva an den Tasten. Bild: Spieß

Die Ukrainerin Viktoriya Yermolyeva an den Tasten. Bild: Spieß

Musik zu machen sei eine Angelegenheit von Leben und Tod, behauptet der Heavy Metal. Und wer Bands wie Motörhead, Iron Maiden oder Metallica schon mal live erlebt hat, versteht, was damit gemeint ist. Bei einer klassisch ausgebildeten Pianistin, die bereits diverse internationale Klavierwettbewerbe gewonnen hat, kommt einem dieser Gedanke aber nicht unbedingt in den Sinn.

Und doch ist die Ankündigung für ein Konzert selten so passend gewesen: „Vika goes wild – The Piano Explosion Tour“ heißt es da im Sudhaus-Programmheft. Und dass die Musikclips dieser aus der Ukraine stammenden Pianistin bereits im zweistelligen Millionenbereich und von über 450 000 Abonnenten im Netz angeklickt worden sind. Mit auf dem Piano arrangierten Versionen von Songs bekannter Metal- und Hardrockbands feiert die in Frankfurt lebende Viktoriya Yermolyeva einen Überraschungserfolg nach dem anderen und avancierte binnen weniger Monate zum Internet-Star. Nicht nur eingefleischte Metall-Fans, auch immer mehr Klassik-Liebhaber sehen in der Ukrainerin eine Art Wunder-Pianistin mit Metal-Flavour.

Tatsächlich reicht das Spek-trum dieses zarten Persönchens von AC/DC, Motörhead und Black Sabbath über Muse, System of a Dawn und Iron Maiden bis zu Pink Floyd, Led Zeppelin und Queen. Stets im durchaus legitimen Bemühen, eine Verbindung zwischen Klassik und Metalrock herzustellen, beansprucht sie das Piano in der ihr ganz eigenen Form. Technisch absolut perfekt, spielt sie mal hauchzart, streichelnd fast, wie bei Led Zeppelins Jahrhundert-Hit „Stairway to Heaven“. Dann wieder donnert sie ihre Clustergewitter in die Tastatur, als wolle sie sich für das nächste Bang-Your-Head-Festival bewerben. Begleitet wird sie von einem namenlosen Teufelsdrummer, der den rauen Metal-Charakter mit Hilfe seines eruptiven und urgewaltigen Schlagzeugspiels unterstützt.

Im weiten Feld zwischen Verfremdung, Interpretation, Verdichtung und kalkulierter Expressivität gewinnt selbst das brachialste Tastengewitter noch an Finesse, wenn es derart intelligent wie hier gesetzt ist. In ihrem Spiel lässt die 38-jährige Vika den Energieströmen freien Lauf. Aber immer wieder gibt es im Überschwang der Töne Momente des Innehaltens, stehen pianistischer Hauch und Aufschrei einander gegenüber. Etwa bei dem Queen-Titel „Bohemian Rhapsody“, der in seiner verblüffenden Intensität durchaus an sein Vorbild heranreicht – auch ganz ohne Band und Freddy-Mercury-Stimme. Immer wieder findet Vika zu einer ganz neuen Melodik, die sich aus sich selbst heraus ergibt.

Studiert hat Vika an der Nationalen Musikakademie der Ukraine klassisches Klavier und vertiefte ihre Fertigkeiten im Anschluss an der Franz-Liszt-Musikakademie in Weimar und an der Internationalen Klavierakademie im italienischen Imola. Weitere Studienaufenthalte führten sie in die Niederlande an die „Codarts Academy of Music and Modern Dance“ am Rotterdamer Konservatorium. Sie ist Gewinnerin des Grachtenfestivals im Jahr 2005 in Amsterdam, gewann den ersten Preis des internationalen Wettbewerbes „Vincenzo Bellini“ in Italien, den ersten Preis des 20. Internationalen Klavier-Wettbewerbes „Citta di Marsala“ sowie den Großen Preis beim 9. Internationalen Pierre-Lantier-Musik-Wettbewerb in Frankreich.

Seit 2006 richtet sie ihre Karriere in Richtung Rockmusik aus, wobei sie sich auf Coverversionen aus dem Bereich Heavy Metal spezialisiert hat. Sicherlich ist es eine Frage des Empfindens, ob der Klang eines Klaviers solchermaßen entstellt werden muss. Klar ist jedoch: Die Dame aus der Ukraine führt uns vor, wie Debussy klingen könnte, wenn Metallica oder Motörhead ihn bearbeitet hätten. Jürgen Spieß

Vika goes wild“ spielt am 15. Dezember, 20 Uhr, im Sudhaus.

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Erstellt:
07.12.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 07.12.2016, 01:00 Uhr

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