Überraschende Ernte

Feucht-warmer Sommer hinterlässt Spuren bei Getreide und Wein

Verregnete Sommer gab es immer wieder, erinnert sich ein alter Weingärtner. Dann war‘s aber kühl und die Pilzkrankheiten hielten sich in Grenzen. Die Kombination von viel Regen bei hohen Temperaturen stellt Acker- und Weinbauern vor ganz neue Herausforderungen.

13.07.2016

Von Fred Keicher

Feucht-warmer Sommer hinterlässt Spuren bei Getreide und Wein

Kreis Tübingen. „Die kommende Ernte birgt Überraschungen“, sagt Franz Maucher von der Abteilung Landwirtschaft des Landratsamts. Damit meint er nicht die umlaufenden Horrorszenarien. Es könnte auch positive geben.

Die Wintergerste auf den Versuchsfeldern in Hailfingen sind schon geerntet, berichtet Maucher. Dort wird der Effekt von Pflanzenschutzmaßnahmen getestet. Der Unterschied bei der Wintergerste ist gewaltig. Auf nicht mit Fungiziden behandelten Flächen ist der Hektarertrag um 30 bis 40 Doppelzentner geringer, als der Ertrag auf behandelten Flächen. Das ist eine Ertragseinbuße von einem Drittel bis fast einer Hälfte. Umgekehrt gelte, sagt Maucher, Landwirte, die rechtzeitig für Pflanzenschutz gesorgt haben, könnten mit recht ordentlichen Erträgen rechnen.

Eine ganze Reihe von Pilzen entwickelte sich prächtig bei den Witterungsbedingungen während der Weizenblüte. Dazu zählt der Fusarium-Pilz, der in den Körnern Giftstoffe hinterlässt. Dafür gilt ein strenger Grenzwert, sagt Maucher. Stark befallene Partien können auch nicht verfüttert werden. Für Schweine etwa sind sie tödlich. Verwertet können solche Partien allerdings über Biogasanlagen.

Besonders schwierig ist dieses Jahr für Bio-Weingüter. Seit der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes 2012 steht ihnen ein hochwirksames Mittel gegen den Peronospora-Pilz nicht mehr zur Verfügung. Das Kaliumphosphonat steht nicht mehr auf der Ökoliste. Sabine Koch, Bio-Winzerin ist wütend, dass sie deshalb auf das Schwermetall Kupfer ausweichen muss, (siehe Interview auf Seite 2). „Da hat jemand versäumt, rechtzeitig Anträge zu stellen“, sagt Friedrich Merz, der beim Regierungspräsidium Stuttgart für Pflanzenschutzrecht zuständig ist.

Relativ unbeschadet sind bislang Soja und Mais. Soja ist neu in der Gegend, seine Pilze sind noch nicht eingereist. Mais leidet eher unter stehendem Wasser auf den Äckern, dem Ergebnis von Bodenverdichtung durch unsachgemäße Bodenbearbeitung. Die Bauern nennen Kollegen, die das zustande bringen, „Bodenmacheniker“.

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Erstellt:
13.07.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 13.07.2016, 01:00 Uhr

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