Aus der Luft und zu Fuß (26)

Frommenhausen

Der kleinste Stadtteil Rottenburgs wurde 1258 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Damals hieß er noch Frumhausen – und wahrscheinlich ist der Name tatsächlich auf die besonders fromme, also treue und zuverlässige Gesinnung seiner Bewohner zurückzuführen.

18.04.2018

Von Andrea Bachmann

Bilder: Erich Sommer

Bilder: Erich Sommer

1656 bekam eine Familie Wagner das Dorf als Lehen. 1807 wurde die Familie in den Adelsstand erhoben und 1832 war die Zeit gekommen, endlich ein richtiges Schloss zu bauen. Drei Stockwerke, ein Krüppelwalmdach, Biedermeierstil – das Schloss Frommenhausen war eines der bescheidensten Schlösser im heutigen Landkreis Tübingen, aber immerhin ein richtiges Schloss. Fünfzehn Jahre später gelangte die Familie sogar in den Freiherrenstand des Königreiches Württemberg und Rudolf Franz Josef Fidel Wagner bekleidete nicht nur von 1867 bis 1870 das Amt des Kriegsministers, sondern saß auch ein paar Jahre als Abgeordneter des Wahlkreises Rottenburg-Tübingen-Reutlingen im Berliner Reichstag. Als Ludwig Franz von Wagner 1917 das Zeitliche segnete, war die Familie erloschen, das Schloss gehört heute der Gemeinde.

Über dem Portal ist immer noch das Wappen der Familie angebracht: Ein Bienenkorb auf rotem Grund, um den sieben Bienen herumschwirren.

Das wurde in Frommenhausen zum Programm. Vor über zehn Jahren richtete man eine große Wildbienenanlage am Arboretum ein, einem Wäldchen, in dem seit 1989 die jeweiligen Bäume des Jahres angepflanzt werden. Hier finden zahlreiche und unterschiedliche Wildbienen ein Zuhause.

Wildbienen sind keine ausgewilderten Honigbienen, sondern nur mit ihnen verwandt. Sie leben nicht in Staaten, sondern allein. Jede Wildbienenart bevorzugt ein anderes Zuhause. Manche graben Röhren in den Sand, andere nagen Nistgänge in altes Holz oder beziehen bereits fertige Hohlräume wie Pflanzenstängel oder Löcher im Verputz der Hauswände. In der Bienen-Hotelanlage in Frommenhausen bemüht man sich, möglichst vielen verschiedenen Wildbienenarten ein geeignetes Zuhause zur Verfügung zu stellen.

Im März 2008 leisteten sich die Frommenhausener zum 750-jährigen Dorfjubiläum einen weiteren, besonders schönen Bienen-Nistplatz. Die Nürnberger Künstlerin und Imkerin Birgit Jönsson fertigt bereits seit 1992 sogenannte Figurenbeuten an – überlebensgroße, teils mehrere Meter hohe Holzfiguren, in denen ein Bienenstock ein Zuhause findet. Für Frommenhausen kam nur eine Figur aus der Dorftradition in Frage: Ab 1718 hatte Frommenhausen einen Salzhandelspass, so nannte man die Erlaubnis, mit Salz handeln zu dürfen. Der Salzhandel führte dazu, dass die Menschen in Frommenhausen im Vergleich zu denen in den Nachbardörfern in relativem Wohlstand lebten. Sie konnten sich hin und wieder entspannt zurücklehnen und sich eine Pause gönnen. Das brachte ihnen den Spitznamen „Loahner“ ein. Ein solcher, vier Meter hoher „Loahner“ steht mittlerweile im Rathausgarten, der Bienenschwarm, der darin ein Zuhause gefunden hat, wird von einem Imker betreut.

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Erstellt:
18.04.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 18.04.2018, 01:00 Uhr

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