Lesestoff im Lockdown

Anne Kreim organisierte einen öffentlichen Bücherschrank für Waldhäuser-Ost

Um schnell und unbürokratisch Abhilfe zu schaffen, stellte Anne Kreim, Vorsitzende des Stadtteiltreffs Waldhäuser-Ost, bereits im Frühjahr ein altes Regal vor die Tür und bestückte es mit Büchern zum Mitnehmen.

03.03.2021

Anne Kreim beim WHO-Bücherschrank. Bild: Andrea Bachmann

Anne Kreim beim WHO-Bücherschrank. Bild: Andrea Bachmann

Die Idee kam an. Dankbare Leseratten und Bücherwürmer warfen Zettel in den Briefkasten, auf denen sie Lob und Dank aussprachen. Außerdem brachten sie ihre ausrangierten Bücher in den Stadtteiltreff: In kürzester Zeit verfügte Anne Kreim über 15 Umzugskisten voller Lektüre. Vom Kinderbuch bis zum opulenten Bildband war alles dabei. Drei Ehrenamtliche kümmerten sich um die Bücher, sortierten alte Heftchenromane und völlig abgegriffene Exemplare heraus und sorgten für Nachschub.

Leider erwies sich das erste öffentliche Bücherregal als weder wetterfest noch vandalensicher. Auch das zweite Regal war schnell nicht mehr zu gebrauchen. Der Platz blieb also leer und die Bücher in den Kisten. Was bedauerlich war, denn über die Versorgung mit Lektüre hinaus war das Bücherregal auch ein netter Treffpunkt geworden.

Anne Kreim suchte nach einer haltbaren Lösung und wurde in Karlsruhe fündig: Dort haben Mitarbeiter/innen vom Gartenbauamt stabile Bücherschränke gebaut, die ein bisschen aussehen wie englische Telefonzellen. Sie haben ein Stahlgerüst, sodass sie nicht weggetragen oder umgeworfen werden können. Die Außenwände sind wetterfest, die Türen aus speziellem Sicherheitsglas. Kreim ließ sich Pläne und Listen mit Baumaterial schicken, anhand derer Tübinger Handwerksbetriebe die Bücherschränke nachbauen können.

Knappe 9000 Euro würde das Schmuckstück kosten. Der Nikolausmarkt im Dezember spielte 1000 Euro ein. Die Volksbank, Curevac und andere Firmen stifteten etwas. 2000 Euro Förderung gab es aus dem Stadtteilbudget vom „Projekt Soziale Stadt“ des Bundes. Hier können Institutionen und Einzelpersonen Fördergelder für Gemeinwohlprojekte beantragen. Auf den sommerlichen Stuhl-Platzkonzerten sammelte Anne Kreim kleinere Spenden von Privatleuten ein, einiges kam über den Spendenaufruf auf der Website des Stadtteiltreffs zusammen.

Jetzt fehlen noch etwa 2500 Euro. Am 23. April ist der Welttag des Buches. Ein perfektes Datum, um den öffentlichen Bücherschrank dann vor dem Stadtteiltreff im Einkaufszentrum von Waldhäuser-Ost aufzustellen, findet Anne Kreim. Am liebsten würde sie den Bücherschrank in Serie gehen lassen. Der Stadtteiltreff in der Corrensstraße hat bereits Interesse bekundet. Auch der Platz vor der Eberhardskirche oder das Ammerufer in der Weststadt wären gute Orte für einen öffentlichen Bücherschrank.

Wenn der Schrank steht, dann wird es neben den Stuhl-Platzkonzerten auch Lesungen vor dem Bücherschrank geben. Eventuell könnte der Bücherschrank sogar sprechen: Über einen QR-Code am Schrank könnte man sich Informationen zum Stadtteil oder andere Texte auf dem eigenen Smartphone anhören.

Für Anne Kreim ist ein öffentlicher Bücherschrank mehr als nur die sinnvolle und nachhaltige Weiterverwendung ausgelesener Lektüre: „Das ist auch ein Ort für Kommunikation, etwas, wo man sich auf unkomplizierte Weise begegnen kann.“ Andrea Bachmann

Wer für den Bücherschrank spenden möchte, kann das über die Website des Stadtteiltreffs tun:

www.stadtteiltreff-who.de/

Oder direkt: VR Bank Tübingen mit Verwendungszweck „Bücherschrank“, IBAN:

DE49 6406 1854 0026 7940 04

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Erstellt:
03.03.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 24sec
zuletzt aktualisiert: 03.03.2021, 01:00 Uhr

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