Philosophie für wen?

Café Philo stellte sich den Fragen des Publikums

Rund 30 Gäste erschienen am vergangenen Montag zum „Café Philo“ ins Tübinger Zimmertheater – zum vorläufig letzten Mal.

18.07.2018

Café Philo stellte sich den Fragen des Publikums

Tübingen. In der behaglichen Atmosphäre des Zimmertheaters findet man sich zusammen, um gemeinsam über die großen Fragen nachzudenken. Zum vorerst letzten Mal, da der neue Intendant das Format nicht fortsetzen möchte. Die Stimmung ist deshalb trotzdem nicht gedrückt, sondern eher feierlich.

Für diesen letzten Café-Philo-Abend im Zimmertheater haben sich die drei Organisatoren etwas Besonderes einfallen lassen: Es wird kein Vortrag gehalten, über den anschließend diskutiert wird. Stattdessen sitzen Mirco Franjik, Christof Krüger und Philipp Thomas gemeinsam auf der Bühne, während die Gäste dazu eingeladen sind, jede philosophische Frage zu stellen, die sie umtreibt. „Was Sie schon immer über Philosophie wissen wollten, sich aber nie zu fragen wagten“, bringt Vera Bauer, die sich unmittelbar vor der Veranstaltung bereit erklärt hat, die Moderation zu übernehmen, die experimentelle Form des Abends auf den Punkt.

Das Konzept geht auf, die Gäste stellen eifrig ihre Fragen. „Müssen philosophische Texte unverständlich sein?“ – „Haben die drei Herren auf der Bühne einen Lieblingsphilosophen?“ – „Brauchen wir überhaupt Philosophie?“ – „Könnte eine Künstliche Intelligenz zukünftig eine dem Menschen überlegene Philosophie entwickeln?“

Diese Frage bestimmt einen Großteil der Diskussion nach der Pause. „Eine Philosophie für wen?“, kontert Mirco Franjik und führt näher aus: „Wir entwickeln Dinge, von denen wir keine Ahnung haben, wie sie sich selbst weiterentwickeln werden.“ Es wäre vorstellbar, dass wir über den Begriff „Leben“ neu nachdenken müssten.

Ein Gast wendet ein: „Ist unsere Intelligenz im Vergleich zu der unserer Vorfahren denn nicht schon künstlich zu nennen?“ Kurz steht ein dystopisches Zukunftsszenario im Raum. Die sich selbst weiter entwickelnden Maschinen könnten den Menschen als überflüssiges Hemmnis einstufen und auf den Gedanken kommen, ihn abzuschaffen.

Christof Krüger hält dagegen: „Wir neigen dazu, Effizienz zu naturalisieren“, das sei aus einer vom Menschen und seinen Bedürfnissen abgekoppelten kapitalistischen Systemlogik aus gedacht. Philipp Thomas konkretisiert: „Entscheidend ist, wie des Menschen Selbstbild beim Produzieren von Maschinen ist.“

So liefen die Diskussionen im Café Philo üblicherweise ab. Auf einem durchaus hohen Niveau, ernst, aber stets freundlich und in dem Versuch, dass jeder im Raum folgen kann. Versteht man eine Argumentation einmal nicht, kann man jederzeit nachhaken – was auch gern und oft getan wird. Einigkeit herrscht unter den Organisatoren bei dem Verständnis von Philosophie. Anders als die häufige Praxis der Dozenten in den Universitäten folgen alle drei nicht einer Schule. „Sie fragt, zweifelt an, enttäuscht“, sagt Philipp Thomas, „führt weg von Wahrheitsversicherung – und dennoch kann man sich in ihr zu Hause fühlen.“

Zum Abschluss wurde den Organisatoren gedankt, diese wiederum dankten dem Zimmertheater, vertreten durch Michael Hanisch, der das Café Philo mit Herz und Tat unterstützt hat. Philipp Thomas muss aus Zeitgründen aussteigen, aber das Format wird unter neuem Dach fortgeführt. Testweise erst einmal in der Buchhandlung Quichotte. Philipp Schmidt

Zum Artikel

Erstellt:
18.07.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 28sec
zuletzt aktualisiert: 18.07.2018, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen