Rechtlich kompliziert

Corona-App und Arbeitsrecht: Was darf mein Chef?

Seit dem 16. Juni ist die Corona-Warn-App verfügbar. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen sich mit Blick auf die App verschiedene Fragen.

08.07.2020

Freiwillig oder nicht? Die Corona-Warn-App. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Freiwillig oder nicht? Die Corona-Warn-App. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Darf der Chef oder die Chefin beispielsweise anordnen, dass Beschäftigte die Corona-Warn-App installieren und nutzen? Und was ist mit Lohn und Gehalt, wenn die App „anschlägt“ und Beschäftigte zuhause bleiben müssen? Der Deutsche Gewerkschaftsbund beantwortet die wichtigsten Fragen.

Darf mein Arbeitgeber mich verpflichten, die Corona-Warn-App zu installieren und zu nutzen?

Die Bundesregierung hat sich bei der Einführung der App den Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet, dass sowohl über die Einrichtung der App als auch über Weitergabe der Warnung, die durch die App generiert wurde, jede und jeder völlig freiwillig entscheiden soll. Das gilt auch für das Arbeitsverhältnis. Das ist auch datenschutzrechtlich geboten. So stellte auch die Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder am 16. Juni zur Einführung der App fest, dass „der Grundsatz der Freiwilligkeit nicht durch eine zweckentfremdende Nutzung untergraben werden darf. Der Zugang zu behördlichen Einrichtungen, Arbeitsstätten, Handelsgeschäften, Gastronomiebetrieben und Beherbergungsstätten, Sportstätten etc. darf nicht vom Vorweisen der App abhängig gemacht werden. Hierbei würde es sich um eine zweckwidrige Verwendung handeln, die bereits mit dem Konzept der Freiwilligkeit nicht vereinbar ist. Eine Diskriminierung von Personen, die die App nicht anwenden, ist auszuschließen.“

Teilweise wird vertreten, dass der Arbeitgeber die Nutzung der App im Arbeitsverhältnis auf dienstlichen Endgeräten anordnen kann. Das widerspricht aber dem Prinzip der Freiwilligkeit. In jedem Fall muss in mitbestimmten Betrieben oder in Dienststellen der Betriebsrat oder Personalrat einbezogen werden.

Kann der Arbeitgeber mich verpflichten, die Corona-Warn-App außerhalb der Arbeitszeit zu nutzen?

Nein, das darf er nicht. Selbst wenn man die Möglichkeit einer Anordnung der Nutzung der App auf einem Diensthandy annimmt: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nicht auf die Freizeit. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber grundsätzlich keine Anweisungen erteilen kann, die den Bereich der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers außerhalb der Arbeitszeit betreffen.

Beschäftigte sind also grundsätzlich berechtigt, ihr Diensthandy außerhalb der Arbeitszeit auszuschalten. Während dieser Zeit werden keine temporären IDs gespeichert. Damit wird das Ziel der App, nämlich eine möglichst lückenlose Nachverfolgung von potenziell infizierten Kontakten, verfehlt.

TA

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Erstellt:
08.07.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 08.07.2020, 01:00 Uhr

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