Eine lange Latrine

Das Römisches Stadtmuseum Sumelocenna in Rottenburg

Die römischen Funde, auf die Bauarbeiter 1986 in Rottenburg gestoßen sind, als sie Ausschachtungen für ein Parkhaus vornahmen, erwiesen sich als Sensation: Es fanden sich Teile der öffentlichen Latrine Sumelocennas.

30.03.2016

Das Römisches Stadtmuseum Sumelocenna in Rottenburg

Rottenburg. Sumelocenna – so nannten die Römer das heutige Rottenburg – war ein politisches, wirtschaftliches und verwaltungstechnisches Zentrum, das sich aus einem Militärlager entwickelt hatte.

Im Zentrum jeder römischen Stadt lagen die öffentlichen Gebäude und Einrichtungen. Dazu gehörte auch eine große Toilettenanlage, die jeder Einwohner gegen eine geringe Gebühr nutzen konnte. Auf der 32 Meter langen Latrine in Sumelocenna fanden gleichzeitig etwa 35 Menschen Platz. Die Römer erledigten dort nicht nur still ihr Geschäft, sondern unterhielten sich mit den Sitznachbarn oder spielten – besonders beliebt war eine vereinfachte Form unseres heutigen Mühlespiels. Dabei fielen den dort sitzenden Menschen zahlreiche kleine Gegenstände in die unter ihren Sitzen verlaufende Kloake. Historikern geben diese meist unscheinbaren Dinge Auskunft über das Alltagsleben der Römer. Besonders glücklich sind die Forscher darüber, dass den Römern an diesem Ort auch verschiedene Münzen aus der Tasche rutschten, denn jeder römische Kaiser ließ Münzen mit seinem Bildnis prägen – was die Datierung von Fundstellen wesentlich erleichtert.

In Sumelocenna haben Archäologen unter anderem einen Dupondis mit dem Bildnis von Kaiser Vespasian ausgegraben, der von 69 bis 79 nach Christus regierte. Unter seiner Herrschaft besiegten die Römer die hier ansässigen Kelten und besetzten die rechte Oberrheinseite bis zum oberen Neckar. Damit wurde der heutige Kreis Tübingen Teil des römischen Reiches.

Aber nicht nur in Rottenburg finden sich römische Spuren. An über 90 Stellen um Tübingen und im oberen Gäu stießen Archäologen auf Funde von weiteren Siedlungen und Höfen. Die meisten lagen in unmittelbarer Nähe von Rottenburg, aber auch in Remmingsheim, Hirrlingen, Hemmendorf oder Dettingen hinterließen die Römer Spuren.

Nach mehreren Überfällen der Alemannen um das Jahr 260 n. Chr. gaben die Römer dieses Gebiet wieder auf und zogen sich hinter Rhein und Donau zurück. Elke Thran

Elke Thran ist Mitarbeiterin im Kreisarchiv Tübingen. In loser Folge wird sie im TAGBLATT ANZEIGER (kleine) Museen im Landkreis Tübingen vorstellen. Der Kreis Tübingen zählt zu den Regionen in Europa mit der höchsten Museumsdichte.

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Erstellt:
30.03.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 30.03.2016, 01:00 Uhr

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