Sicher durch alle Widrigkeiten

Der Blindenhund Ebony hilft seinem Herrchen Heinz Lobitz im Alltag

13.11.2019

Die Wege an Bahnanlagen sind oft recht kompliziert für Sehbehinderte – und gefährlich. Für Heinz Lobitz ist sein Hund hilfreicher Begleiter, Familienmitglied und Freund. Bild: Gabriele Böhm

Die Wege an Bahnanlagen sind oft recht kompliziert für Sehbehinderte – und gefährlich. Für Heinz Lobitz ist sein Hund hilfreicher Begleiter, Familienmitglied und Freund. Bild: Gabriele Böhm

Wer mit Heinz Lobitz durch die Stadt geht, erlebt Dettingen (Erms) mit anderen Augen. Für einen Blinden gibt es überall Gefahrenstellen und unvermeidbare sowie durchaus vermeidbare Hindernisse. Doch der 54-Jährige hat einen treuen Begleiter an der Seite, der ihn sicher durch alle Widrigkeiten schleust. Ebony, ein eindreivierteljähriger schwarzer Labrador, ist ein ausgebildeter Blindenführhund, seit 25 Jahren der erste in Dettingen.

Heinz Lobitz lebt mit Mutter und Bruder in der Ortsmitte. Bereits mit vier Jahren hatte er nur noch 20 Prozent Sehkraft, heute ist er blind und kann auch seinen erlernten Beruf als Bäcker nicht mehr ausüben. Lobitz ist vielseitig interessiert und sportlich. „Ehrenamtlich bin ich im VDK engagiert und Delegierter im DBSV, dem Deutschen Behinderten- und Sehbehindertenverband“, berichtet er. Er spielt mit Leidenschaft Torball und läuft Marathonrennen. Zu reisen und möglichst selbstständig zu sein, ist ihm sehr wichtig. „Aber es ist fast unmöglich, sich beim mehrfachen Umsteigen mit Zug, S-Bahn oder Bus nur mit dem Blindenstock zurecht zu finden.“

Lobitz sann auf eine Lösung und nahm Kontakt zur Blindenführhundschule Seitle in Neuburg an der Donau auf. Bald wurde ein passender Welpe gefunden: gesund, mit freundlichem Wesen, intelligent und mit hoher Stressresistenz. Die Krankenkasse übernahm, nach ein wenig Auseinandersetzung die Kosten für die halbjährige Ausbildung. Ein Abschlusstest ergab die Note „Sehr gut“.

Nach dem Hund wurde auch Heinz Lobitz selbst trainiert. Er fuhr nach Neuburg und übte dort, Ebony die richtigen Anweisungen zu geben. Danach kam Maria Seitle nach Dettingen, um vor Ort mit Lobitz und seinem Hund zu üben.

Das Training wird immer weiter fortgesetzt und auf Seminaren erweitert. Ebony kann seinem Herrchen heute auf Kommando Schuhe, Mütze und Socken bringen. Doch noch viel wichtiger ist er im Straßenverkehr. Der Hund trägt ein Geschirr mit einem Bügel, den Lobitz ergreift und an dem er sich führen lässt. Wer Herr und Hund in flottem Tempo auf der Straße sieht, nimmt kaum eine Behinderung wahr.

Mit großer Selbstverständlichkeit bleibt Ebony am Bordsteinrand stehen und vergewissert sich, dass sein Herrchen gefahrlos die Straße überqueren kann. Bei Treppen geht er langsam und vorsichtig, so dass Lobitz nicht stolpert. Sehr wichtig sind Bahnanlagen. Im Slalom führt Ebony seinen Menschen durch die Fußgängerschranken, wenn er sicher ist, dass kein Zug kommt. Läuft Heinz Lobitz versehentlich direkt auf die Gleise zu, schiebt sich Ebony in einem Bogen vor ihn und schneidet ihm sozusagen den Weg ab. Auch vor Ampeln sind die beiden ein eingespieltes Team. Ebony hat auch gelernt, nicht zu reagieren, wenn dem Gespann andere Hunde begegnen. „Einmal wollte er, obwohl er sehr gerne Zug fährt, absolut nicht in einen Zug einsteigen“, berichtet Lobitz. Dort lag ein Hund, der sich rauflustig gebärdete. Ebony entschied, seinen Menschen aus der Gefahrenzone heraus zu halten. „So lieb er ist, würde er auch beißen, wenn mich jemand angreift“, sagt Lobitz. Doch seit er den Hund habe, seien ihm vor allem nachts in den Bahnhöfen dumme Sprüche erspart geblieben.

In Dettingen geht es rund an diesem Morgen. Geschäfte bekommen neue Waren, Zeitungen werden ausgetragen, es wird gefegt. Auf dem Gehsteig hat sich ein wahrer Slalom aus Laderampen, Korbstapeln, Tischen, Stühlen, Fahrrädern und Wägelchen gebildet. In so einem Fall führt Ebony seinen Menschen sicher mittendurch oder auch schon einmal vorne in einen Laden hinein und hinten wieder heraus. „Das hast Du aber toll gemacht“, lobt eine Passantin und strahlt den Hund an. Das ist nett gemeint. Doch Lobitz macht es auch nachdenklich. „Wenn man mit dem Blindenstock unterwegs ist, spricht einen kein Mensch an“, meint er. Doch auf den Hund würden alle sehr freundlich reagieren.

Was Lobitz allerdings wirklich ärgert, ist die Rücksichtslosigkeit mancher Zeitgenossen. „Sie rauschen mit hoher Geschwindigkeit an einem vorbei oder parken die Gehwege zu.“ Problematisch seien auch abgesenkte Gehsteige, bei denen der Hund Bordstein und Fahrbahn nicht mehr unterscheiden könne.

Natürlich kommt bei Ebony auch die Freizeit nicht zu kurz. Heinz Lobitz spielt mit ihm im Garten, dort tobt Ebony auch mit dem Hund von Lobitz Freundin oder bei regelmäßigen Treffen von Blindenführhundhaltern. Obwohl Familie Lobitz vorher nie einen Hund hatte, haben alle Ebony ins Herz geschlossen. Gabriele Böhm

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Erstellt:
13.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 13.11.2019, 01:00 Uhr

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