Wo die Beule Buppel heißt

Der sprechende Sprachatlas von Baden-Württemberg ist online

Insgesamt 13 Dialekte gibt es im Ländle. Das zumindest haben die Sprachforscher des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft an der Uni Tübingen festgestellt. Wie diese Dialekte sich anhören, kann man nun im „Sprechenden Sprachatlas für Baden-Württemberg“ online abrufen.

25.04.2018

Von Oberrhein-Alemannisch über Zentralschwäbisch bis zu Rheinfränkisch – auf dieser Sprachkarte sind alle 13 Dialekte Baden-Württembergs versammelt.Bild: Brieschke

Von Oberrhein-Alemannisch über Zentralschwäbisch bis zu Rheinfränkisch – auf dieser Sprachkarte sind alle 13 Dialekte Baden-Württembergs versammelt.Bild: Brieschke

Tübingen. So kann man im Internet zum Beispiel erfahren, wie vielfältig das Wort „Beule“ in Baden-Württemberg lauten kann: von Beule über Bürzel und Nille und Schmarren bis zu Buppel oder Burren. Der „Sprechende Sprachatlas“ spricht einem alle diese Worte unter der Karte für „Beule“ vor.

Insgesamt 103 solcher interaktiven Karten haben die drei Sprachforscher vom Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft Prof. Hubert Klausmann, Dr. Rudolf Bühler und Andreas Ganzenmüller erarbeitet. Da geht es um Alltagsgegenstände wie Wollknäuel oder Türklinke, Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Quark oder um Tätigkeiten wie fegen und grüßen. Es werden aber auch die Dialekt-Unterschiede in der Grammatik oder bei den Lauten aufgezeigt – und vorgesprochen. Zum Beispiel „gewesen“ – da gibt es in Baden-Württemberg eine Fülle an mundartlichen Möglichkeiten: gwea, gwää, gsai, gsi, gsin, gwest, gwast, gwääse. Und damit sind noch nicht mal alle genannt. Außerdem gibt es auch noch Karten mit längeren Erzählungen der Dialektsprecher.

Aus dem Landkreis Tübingen wurde im übrigen Hagelloch als Untersuchungsort ausgewählt. Laut Dialektkarte liegt es gerade noch so im Sprachgebiet des Zentralschwäbischen, knapp an der Grenze zum Westschwäbischen.

Wie die Sprachforscher nun auf gerade 13 baden-württembergische Dialekte gekommen sind, erklärte Hubert Klausmann, der zusammen mit Institutsdirektor Prof. Reinhard Johler die Leitung des gesamten Sprachprojektes inne hat, Anfang März bei der Projektvorstellung so: „Bei einzelnen Worten ist es schwer, eine Grenze zu ziehen, man nimmt besser immer mehrere Wörter.“ Natürlich könne man immer noch viel mehr (Sprach-)Grenzen ziehen und so dann viel mehr Dialekte haben. Aber eine so kleinteilige Einteilung ist nicht immer sinnvoll. Die Sprachbeispiele bei den interaktiven Karten im „Sprechenden Sprachatlas“ stehen deswegen auch immer für eine Fläche und nicht nur für einen einzelnen Ort. „Man kann nicht bis zum Gartenzaun ’ranzoomen wie bei Googlemaps, das soll man auch gar nicht“, erklärte Rudolf Bühler.

Die Grundlage für die Sprachbeispiele haben sich die Forscher in insgesamt 57 Ortschaften in Baden-Württemberg erarbeitet. „Wir haben immer die Gemeinde angeschrieben und den Bürgermeister nach geeigneten Dialektsprechern gefragt. Das hat in der Regel gut geklappt“, erzählte Bühler.

Die geo-orientierten Karten, die als Grundlage für die Sprachkarten dienten, zeigen dabei Spannendes. „Da kann man auch alte territoriale Grenzen sehen“, sagte Bühler. So ist zum Beispiel immer noch das Herzogtum Württemberg auszumachen. Die schwäbische Diphthongierung macht’s möglich: Da heißt es „Schnai“ statt Schnee.

Der Sprechende Sprachatlas ist als erster von drei Teilen des Projekts „Sprachalltag II: Sprachatlas – Digitalisierung – Nachhaltigkeit“ fertig geworden. Es ist die Fortsetzung des Projekts „Sprachalltag in Nord-Baden-Württemberg“, das ebenfalls am Ludwig-Uhland-Institut angesiedelt war. Das jetzige Projekt hat ein Budget von 600 000 Euro und soll bis zum Jahr 2020 beendet sein.

Wie man überhaupt auf die Idee zum „Sprechenden Sprachatlas für Baden-Württemberg“ gekommen sei, erklärte Prof. Klausmann so – augenzwinkernd: „Die Bayern hatten schon einen Sprachatlas. Da dachten wir: Dann machen wir das auch – und besser, mit geoorientierten Karten.“ Außerdem wollten die Sprachforscher gerne auch ihren Gewährsleuten etwas zurückgeben. Und das haben sie nun auch: spannende Sprachkarten zum gemütlich daheim Durchklicken.Angelika Brieschke

Wer einfach mal hören möchte, wie‘s wo klingt, kann sich auf
folgender Internetseite www.sprachalltag.de

durch die 103 interaktiven Sprachkarten durchklicken.

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Erstellt:
25.04.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 25.04.2018, 01:00 Uhr

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