Rap gegen Rassismus

Ein Gespräch mit dem Stuttgarter Rapper Afrob

Der MC aus dem Schoß der Kolchose: So wurde Afrob auf seinem Debütalbum 1999 angekündigt. Jetzt lebt der Stuttgarter Rapper eritreischer Herkunft in Berlin und kommt am 10. August erstmals mit seiner Liveband Tribes of Jizu zu einem Konzert nach Tübingen.

25.07.2018

Afrob spielt am 10. August im Tübinger Sudhaus. Bild: Spieß

Afrob spielt am 10. August im Tübinger Sudhaus. Bild: Spieß

Was geht ab? Mit kraftvoller Rapmusik, sprühendem Wortwitz und gesellschaftskritischen Texten hat sich das einstige Kolchose-Urgestein zu einem der Vorzeigerapper der deutschen HipHop-Szene gemausert. Der 41-jährige Robert Zemichiel alias Afrob gilt aber nicht nur wegen seiner Musik, sondern auch Dank seiner öffentlichen Auftritte als einer der ambitioniertesten Rapper in Deutschland. Auf seinem aktuellen Album „Beats, Rhymes & Mr. Scardanelli“ hat das Reimemonster seine Gassenhauer mit Liveband komplett neu eingespielt. Der TAGBLATT ANZEIGER sprach mit dem in Italien geborenen Rapper über alltäglichen Rassismus und sein persönliches Verhältnis zu Deutschland.

TAGBLATT ANZEIGER: Du kommst durch deinen Job ziemlich viel herum. Erlebst du den alltäglichen Rassismus in Deutschland extremer als in anderen Ländern?

Afrob: Ich komme viel in Deutschland herum, in anderen Ländern bin ich aber gar nicht so oft. Ich denke, dass es in verschiedenen europäischen Staaten teilweise sogar problematischer ist, da der Rassismus dort ausgeprägter und selbstverständlicher als hier ausgelebt wird.

Wie sind diesbezüglich deine Erfahrungen in den neuen Bundesländern?

Man sieht dort bei den Konzerten schon ein paar mehr Glatzen. Man merkt, es ist etwas anders. Das zeigt sich ja auch durch die Pegida-Demonstrationen in Dresden. Dagegen ist Pegida in Stuttgart kein Thema, obwohl hier die meisten Migranten leben. Passiert ist mir bei Konzerten im Osten der Republik aber noch nie etwas. Ich glaube jedoch, das hat viel mit den jeweiligen Umständen, mit Zufällen oder auch mit Glück zu tun.

Fühlst du dich hier als Deutscher oder eher ausgegrenzt?

Ich fühle mich überhaupt nicht als Deutscher, obwohl ich in Stuttgart aufgewachsen bin und einen deutschen Pass habe – und ich kenne genug Leute mit schwarzer Hautfarbe, denen es genauso geht. Ich bin keineswegs integriert oder akzeptiert als ein Teil dieser Gesellschaft. Ich fühle mich allenfalls geduldet und manche Einheimische tun alles dafür, dass sich an diesem Gefühl nichts ändert.

Ist es ein Problem, sich als Dunkelhäutiger in der deutschen Musikbranche durchzusetzen?

Nein, das wäre ja noch schöner, wenn man aufgrund seiner Hautfarbe keinen Plattenvertrag bekäme. Als Schwarzer deckst du eben bestimmte Spektren ab – vom Sportler bis zum Musiker –, und das ist genau das Stereotypische an dem Ganzen. Ich würde der Musikindustrie niemals vorwerfen, dass das Rassisten sind oder dass sie zwischen Schwarz und Weiß unterscheiden, aber stereotypische Ansichten bestehen dort ebenso wie beispielsweise in der amerikanischen Musikindustrie. Dort ist das Business nur mehr getrennt. Dort haben Weiße kaum Zutritt zur Black Music und umgekehrt.

Gibt es etwas, das du an anderen Ländern schätzt, in Deutschland aber eher vermisst?

Ein bisschen mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit vielleicht. Dass die Leute zu dem stehen, was sie verbockt haben. Außerdem ist die Bürokratie hier sehr kompliziert. Innerhalb einer Behörde gibt es drei, vier Instanzen und man weiß nie, wer für was zuständig ist. Alltägliche Dinge, wie beispielsweise eine Wohnung suchen, würde ich mir besonders in Stuttgart weniger kompliziert wünschen.

Denkst du, es ist möglich, hier so etwas wie ein schwarzes Bewusstsein zu schaffen?

Das ist genau das, was ich mit meiner Musik versuche. Ich will keine Revolution vom Zaun brechen, sondern nur ein Bewusstsein für all die Leute entwickeln, die genauso denken wie ich. Ich möchte, dass unser Anliegen wahrgenommen und gerade von den unterprivilegierten Minderheiten in Deutschland mitgetragen wird. Mir geht es darum, zu demonstrieren: Wir sind da, wir sind kommunikativ untereinander, tauschen uns aus und können so auch eine eigene Lebensqualität für uns schaffen.

Du bist also überzeugt, dass HipHop etwas ändern kann?

Man muss es zumindest versuchen. Es geht darum, authentisch zu sein, seine Geschichte zu erzählen und genau das versuche ich durch meine Musik.

Die Fragen stellte Jürgen Spieß

Afrob und Band spielen am 10. August, 20.30 Uhr auf der Sudhaus Waldbühne.

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Erstellt:
25.07.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 25.07.2018, 01:00 Uhr

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